Schokoriegel essen, weitermachen

KRANKENHAUS Wie Bridget Jones im Arztkittel – nur besser: Die zweite Staffel von „Doctor’s Diary“ (montags, 20.15 Uhr, RTL) überzeugt dank Diana Amft und toller Dialoge. Als neuer Assistenzarzt ist Elyas M’Barek mit dabei

Romantisch, peinlich, sehr lustig, sehr traurig, sehr nachvollziehbar ist das alles – und voller Leben

VON DANIELA ZINSER

Schokoriegel essen, ein Leben retten, vor Liebeskummer heulen, Po zu dick finden, was Ultrapeinliches tun, weitermachen, neuer Tag, neues Pech. Wieder von vorn los geht alles für Assistenzärztin Gretchen Haase (Diana Amft) in der zweiten Staffel von „Doctor’s Diary“. Sieben Folgen lang wird sie sich montags auf RTL wieder entscheiden, umentscheiden, zurückentscheiden: für den Frauenversteher-Gynäkologen Mehdi Kaan (Kai Schumann) oder ihre Jugendliebe, den Macho-Chirurgen Marc Meier (Florian David Fitz). Es ist aber auch nicht leicht: Der eine wird zur Ehe erpresst, der andere hat eine aus dem Koma erwachte gehbehinderte Ehefrau. Und ständig kommt ein medizinischer Notfall dazwischen.

Klingt wie noch eine Arztserie, gespickt mit Erinnerungen an „Bridget Jones“. Das ist es auch, nur besser. Den Grimme-Preis, den Deutschen und Bayerischen Fernsehpreis sowie den Deutschen Comedypreis gewann die erste Staffel von „Doctor’s Diary“, die im vergangenen Jahr lief – zu Recht. Denn wie Diana Amft als Gretchen gegen die böse Welt und ihre Kindheitstraumata als uncooles dickes Schulmädchen kämpft, stolpert, sich wieder hochrappelt, das ist so natürlich, so sympathisch und lustig, dass „Bridget Jones“ kaum hinterherkommt. Nie wirkt es konzentriert-gestelzt, nie sieht man ihr an, dass es gleich witzig wird. Dazu kommen das wunderbare Ambiente in leuchtenden Farben mit all den 80er-Jahre-Referenzen, die Schulhoferinnerungsszenen, die Musik von damals – und natürlich die Dialoge von Autor Bora Dagtekin, der schon für „Türkisch für Anfänger“ so ironische, kluge und sehr lustige Drehbücher schrieb, dass er mit Lob geradezu überschwemmt wurde.

Obendrauf gibt es noch ein paar neue Charaktere: Einen davon verkörpert Elyas M’Barek, der in „Türkisch für Anfänger“ den Macho-Türken Cem spielt. Und im ersten Moment glaubt man, sich verhört zu haben, als der Halbtunesier als neuer Assistenzarzt Maurice Knechtlsdorfer plötzlich heftigstes Österreichisch spricht – eine Idee, die er und Dagtekin gemeinsam hatten. „Es hat mir am meisten Spaß gemacht, mal in einem Dialekt zu sprechen, der mir vertraut ist. Mein Äußeres lässt ja nicht gerade darauf schließen. Aber meine Mutter ist Österreicherin und obwohl sie seit 25 Jahren in Deutschland lebt, hört man das noch“, sagt M’Barek, der sonst eher auf den Typ junger Türke abonniert ist. „Mit diesen Klischees konnte ich auch gut und selbstironisch spielen“, sagt er.

Als Assistenzarzt Maurice konkurriert er mit Gretchen heftig um die Gunst von Oberarzt Meier – besonders verbal. Dagtekins Dialoge machen für ihn mit den größten Reiz der Serie aus: „Sie haben diese Leichtigkeit, es ist nie so, dass man denkt: Das passt jetzt nicht oder das ist aufgesetzt.“ Auch von der Detailgenauigkeit bei „Doctor’s Diary“ schwärmt M’Barek – und davon, dass die Serie für alle etwas bietet, „jeder kann sich darin wiederfinden und man kann sie auch als Mann gucken, ohne dass es peinlich wäre“.

Wer es guckt, lernt auch den karaokeverrückten Millionär Alexis von Buren (Steffen Groth) kennen, dem Gretchen als übergroße Biene in den Garten fliegt. Daraufhin plakatiert er auf der Suche nach Gretchen die ganze Stadt, obwohl er sie eigentlich zu dick findet. Das ist es nämlich: Alle wollen Gretchen, sie werden nur von diversen Dingen daran gehindert. So gibt es ständig Küsse und Liebeserklärungen, aber genauso viel Einsamkeit und Liebeskummer, die Gretchen aus dem Off kommentiert.

Die anderen haben es aber auch nicht leicht: Marc Meier muss verbergen, dass er eigentlich ein verdammt netter Kerl ist, Mehdi Kaan kommt hinter ein dunkles Geheimnis seiner Frau, der Millionär hat gleich mehrere Probleme, eines davon medizinischer Natur – und Gretchens Mutter hat eine Affäre mit einem jungen Künstler. Romantisch, peinlich, sehr lustig, sehr traurig, sehr nachvollziehbar ist das und voller Leben. Da hilft nur: Schokoriegel essen, weitermachen.