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Staralbum: Die GiraffeDie gut Sichtbare

Es sitzt kein Tier auf dem Podium. Die Strapazen der Reise von Jakarta nach Berlin – nur um hier einen Film vorzustellen – wären nicht zumutbar gewesen. Dabei spielen Tiere neben den anwesenden menschlichen Darstellern Ladya Cheryl und Nicolas Saputra die Hauptrolle im zweiten Spielfilm des chinesisch-indonesischen Regisseurs Edwin. Mit „Postcards From The Zoo“ ist sein Heimatland zum ersten Mal überhaupt im Berlinale-Wettbewerb vertreten.

So klein wie das Filmland Indonesien, in dem Autorenfilmer sich auch schon mal mit 500 Kinozuschauern begnügen müssen, ist auch das Interesse an der Pressekonferenz. Die Pressesprecherin hat die im Saal versprengten Journalisten daher vorher gebeten, sich weiter nach vorne zu setzen. Wenn die großen Tiere kommen, wie wenige Stunden später Steven Soderbergh und Antonio Banderas, wird der Raum wieder voll sein wie die Straßen Jakartas und die abgewiesenen Journalisten so aggressiv wie auf Diät gesetzte Raubkatzen.

Erstaunlich friedlich dagegen präsentieren sich Tiger, Nilpferde und andere Zoobewohner in Edwins Film. „Zeit und Geduld“ hätten ihm zufolge dafür gesorgt, dass die Schauspieler und Kameramann Sidi Saleh den Tieren so nahe kommen konnten. Hauptdarstellerin Ladya Cheryl etwa hat vor den Dreharbeiten eineinhalb Jahre (!) als Zoohelferin gearbeitet und die Tiere häufig gefüttert. „Mit der Zeit ist die Angst einer Zärtlichkeit gewichen“, erzählt sie. Gerade noch hat Cheryl wie versunken auf dem Podium gesessen, die Frage nach ihrem Verhältnis zu den Filmpartnern hat sie angeknipst.

Der unbestrittene Star allerdings ist Ihre Majestät die Giraffe, da können selbst die Elefanten einpacken. Edwin, seit Kindertagen Fan des dem Moloch Jakarta entrückten Zoos, hat einen ebenso entrückten Film über das Verhältnis von Mensch und Tier gemacht, das Sehen und Gesehenwerden, also auch übers Kino. Und die Giraffe repräsentiert für ihn am besten von allen Tieren einen „traumartigen Charakter“.

Die Vermutung eines Landsmannes, die Isolation und der starke Charakter der Giraffe seien eine Metapher für die Situation der chinesischen Minderheit in Indonesien, verneint Edwin mit großer Bestimmtheit. Überhaupt will man auf dem Podium mit Politik nichts zu tun haben. „Ich fühle mich sicherlich nicht als Botschafter meines Landes, sondern als Filmschaffender“, sagt Hauptdarsteller Saputra. „Das ist unsere Welt, nicht die Diplomatie.“ DAVID DENK

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