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Archiv-Artikel

STROMKONZERNE SIND NUR SCHEINBAR SOLIDARISCH MIT GRÜNER ENERGIE Ziel: Marktmacht erhalten

Dieses Angebot ist so unmoralisch wie durchschaubar: Die Deutsche Stromwirtschaft erklärt sich solidarisch mit der grünen Energiebranche und will bei ihrem Ausbau helfen – und zwar mit einem Quotenmodell. Dessen Prinzip geht so: Der Staat legt fest, wie viel Prozent ihres produzierten Stromes grün – also mit Wind-, Sonnen- oder Wasserenergie erzeugt – sein muss. Die Konzerne können dann entweder selbst Windräder aufbauen oder von den Windmüllern Zertifikate kaufen, um das regierungsamtliche Ziel zu erreichen.

Wer jetzt einen Paradigmenwechsel bei den fossilen Stromwirtschaftlern vermutet, liegt gänzlich falsch. Die Fakten verraten, was die Stromkonzerne wirklich wollen. Zum Beispiel beim Handel mit Klimazertifikaten: Monatelang torpedierte die Stromwirtschaft das System als nicht tauglich. Für den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung soll es jetzt plötzlich tauglich sein. Zum Beispiel bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): Da verabredete die Politik mit den Konzernen ein Quotenmodell, um den Anteil des KWK-Stroms zu verdoppeln. Durch Preistricks haben die Konzerne das Quotenmodell an die Wand gefahren: Wir haben heute nicht einmal ein Prozent KWK-Strom mehr.

Zum Beispiel beim Preis: Da behaupten die Konzerne immer, das deutsche Fördersystem verteure Energie derart unsäglich, dass der Wirtschaftsstandort in Gefahr sei. Tatsächlich aber ist grüner Strom in jenen Ländern wesentlich teurer, die das Quotenmodell einst eingeführt haben – wie in Italien oder Großbritannien. Und weil sich mit teurem Strom Verbraucher derart wundervoll abzocken lassen, bauen RWE und Co ja auch in diesen Ländern riesige Windparks – während sie hier aus allen Rohren gegen das EEG feuern.

Ein strompreisgefährdeter Wirtschaftsstandort? Eine klimagefährdete Welt? Darum geht es gar nicht. Das hier ist eine Art Klassenkampf mit anderen Mitteln. Seitdem nämlich die Regierung Kohl ein Fördersystem für Windräder und Solaranlagen auflegte, läuft ein gigantisches Umverteilungsprogramm von oben nach unten. Der Konzerngewinn von RWE etwa betrug im vergangenen Jahr 2,1 Milliarden Euro, der von Vattenfall 1 Milliarde.

Jährlich aber nimmt die regenerative Energiewirtschaft der traditionell fossilen 1 Prozent ab. Geht das so weiter, haben Eon, Vattenfall und Co in fünf Jahren bereits ein Zehntel ihres Markts verloren – und zwar an jene Bauern, Zahnärzte oder Ingenieure, die doch gefälligst abhängige Stromkunden bleiben sollen. Die aber nehmen selbst Produktionsmittel in die Hand – und bauen sich eine Solaranlage aufs Dach. Darum geht es der Stromwirtschaft: Marktmacht zu erhalten.

NICK REIMER