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HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGERAuswandern

Ich zittere immer noch. Einer von uns muss dieses Land verlassen. Entweder er oder ich

Ihr Gesicht ist pudrig weiß, eine Pantomimenkrankheit, kurz vor Ausbruch. Vielleicht hat sie allerdings auch nur so viel Puder genommen, damit der Freund mit der Spiegelsonnenbrille sie auch richtig sehen kann, damit die Bilder ihres Gesichts auch wirklich zu seinen Augen durchdringen, und nicht an den Spiegelgläsern abprallen. Er hat doch wohl Augen hinter der Sonnenbrille?

Hoffentlich hat er Augen, sicherlich hat er Augen. Er trägt die Haare halb lang, als sei er ein Musiker, oder ein Skater, und die Frau an seiner Seite ist makellos, trotz oder gerade wegen des vielen Puders. Er sitzt ganz breitbeinig, sein Mobiltelefon passt zur Brille. Wie er es sehen kann, weiß ich nicht. Denn wir fahren in einem U-Bahn-Tunnel. Es ist das tunnelige Stück, von der U-Bahn, die zum Hauptbahnhof führt.

Dass der junge Mann etwas mit dem Hauptbahnhof zu schaffen hat, merke ich erst, als ein alter Mann über den Koffer des jungen stolpert. Es ist ein uni-farbener Rollkoffer, inmitten des Gangs, zur linken des Bebrillten. Genau drei Handvoll Mensch passen noch am Koffer vorbei. Der alte Mann hat vier.

Der junge, spiegelbebrillte Mann ohne sichtbare Augen, mit einem Koffer im Gang, fängt an zu pöbeln. „Pass doch auf! Ein ‚Entschuldigung‘ kostet Sie doch nichts!“ Der alte Mann antwortet nicht. Dafür ich. Ich schlage mich wacker. Ich zittere. Wer sollte sich hier denn bitte für seinen Koffer entschuldigen. Wir pöbeln uns an. Mir wird klar, warum die junge Frau geschminkt ist, als sei sie Teil der Wandfarbe. Chamäleonartig. Aber immerhin hat sie einen gut aussehenden Freund. Mit Spiegelsonnenbrille und breiten Beinen. Ich zittere immer noch. Einer von uns muss dieses Land verlassen. Entweder er oder ich.

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