piwik no script img

Städtischer Ausverkauf

SPD alarmiert: Saga und GWG wollen Etagenwohnungen in ehemaligem sozialen Erhaltungsgebiet verkaufen

Die SPD schlägt Alarm, weil Saga und GWG begonnen haben, neben Einzel- und Reihenhäusern auch Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zu verkaufen. Damit „hat der Ausverkauf von Saga und GWG eine neue Dimension angenommen“, orakelt der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Jan Quast. Besonders brisant: Die Wohnungen liegen in einem Gebiet, in dem bis Ende 2003 eine Soziale Erhaltungsverordnung galt. „Es ist ein Skandal, dass ausgerechnet die Stadt den ersten großen Schritt tut, um Wohnungen umzuwandeln“, sagt Quast.

Eine Soziale Erhaltungsverordnung, wie sie der damalige Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) 1995 eingeführt hatte, sollte Luxusmodernisierungen in beliebten Vierteln verhindern. 1998 wurde sie mit dem Verbot einer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verbunden. Sieben Jahre lang durften umgewandelte Wohnungen nur an ihre Mieter verkauft werden.

Nichts anderes betrieben Saga und GWG, versichert deren Sprecher Mario Spitzmüller. Kaufende Mieter müssten mindestens fünf Jahre lang wohnen bleiben. Auch wenn vereinzelt leer stehende Wohnungen verkauft würden, müssten deren Käufer sie einige Zeit bewohnen. „Es ist nicht so, dass größere Bestände leer stehen und spekulativ verkauft werden“, so Spitzmüller.

Auch der Senat habe seine Politik nicht geändert, versichert Kerstin Feddersen, Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde. Der Verkauf einzelner Wohnungen könne dazu beitragen, Quartiere sozial zu stabilisieren, weil sich Eigentümer in besonderer Weise Häusern und Wohnumfeld verpflichtet fühlten. Im Übrigen würde nur ein winziger Teil des großen Bestandes der städtischen Wohnungsunternehmen zum Kauf angeboten.

Nach der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage Quasts haben Saga und GWG bisher 2.809 Wohnungen zum Kauf angeboten, 1.259 davon wurden nach dem 31. März ins Angebot aufgenommen. Bis zum 31. März hatten 349 Mieter und 101 Selbstnutzer das Kaufangebot wahrgenommen. Insgesamt gehören den beiden Unternehmen 133.000 Wohnungen.

„Die Stadt darf ihre Instrumente nicht aus der Hand geben“, warnt Wilfried Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg vor dem Verkauf städtischer Wohnungen. Ein großes Angebot an günstigem Wohnraum sei wichtiger denn je, weil durch Hartz IV künftig mehr Menschen gezwungen werden könnten, sich etwas Billigeres zu suchen.Gernot Knödler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen