: Wenn das Fahrrad das Tempo vorgibt
VERKEHR Auf der Humboldtstraße im Viertel könnten Radfahrer bald Vorrang vor den Autos haben
Der Beirat Östliche Vorstadt und das Amt für Straßen und Verkehr planen, die Humboldtstraße im Viertel in eine Fahrradstraße umzuwandeln. Dann bestimmen die RadfahrerInnen dort die Geschwindigkeit. Etwas ähnliches gibt es bereits auf der Wachmannstraße in Schwachhausen – sie wurde 2011 zur Fahrradstraße, ein Jahr lang läuft das Konzept dort zur Probe.
Da nach Ostern der Abwasserkanal saniert wird, muss die Humboldtstraße ohnehin aufgerissen werden – nach Ansicht von Ortsamtsleiter Robert Bücking ist das der ideale Anlass, hier kostengünstig das neue Verkehrskonzept einzuführen. „Die Bedingungen für Radfahrer im Viertel sind schlecht, und die Humboldtstraße ist als wichtigste Achse hier quasi das Rückgrat des Fahrradverkehrs.“ Die neue Verkehrsführung mache die Straße sicherer, komfortabler und verhindere Kollisionen, so Bücking.
Klar ist bisher: Die Radwege werden zurückgebaut, Gehwege und Parkplätze verbreitert, die Fahrbahn um vermutlich einen Meter auf 5,50 Meter verengt. Auch die „Baumnasen“ sollen verschwinden, damit sich der Verkehr dort nicht staut. Gerade am östlichen Ende der Straße sind die Geh- und Radwege sehr eng, immer wieder kommen sich hier RadfahrerInnen, FußgängerInnen und Mülltonnen in die Quere. Die Radwege sind abschüssig und mit Löchern und Mulden übersät. AnwohnerInnen beklagen, dass sich die Wege zu nahe an den Häusern befänden und Autofahrer sich nachts nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung hielten. Bereits jetzt gilt hier Tempo 30 und RadfahrerInnen können auf der Fahrbahn fahren. Wird die Straße zur Fahrradstraße, dürfen sie auch nebeneinander fahren. Auch die Rechts-vor-Links-Regel könnte geändert werden.
Bei einer ersten Vorstellung der Pläne hatten AnwohnerInnen Bedenken geäußert: Sie fürchten, durch die Autos auf der Fahrbahn bedrängt zu werden, vielleicht werde die Straße auch als „Rennbahn“ missbraucht. Unfallstatistiken hätten gezeigt, dass die Sicherheit auf dem Radweg lediglich eine „gefühlte“ sei, sagt Bücking. Insgesamt ereigneten sich weniger Unfälle, wenn die Fahrbahn gemeinsam genutzt werde. Auch der Verkehrsclub Deutschland und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) fordern, die Humboldt- zur Fahrradstraße zu machen. Albrecht Genzel vom ADFC sagt: „Inzwischen haben wir in großen Teilen der Straße mehr Rad- als Autofahrer.“ Dazu komme künftig der Verkehr aus dem neuen Hulsbergviertel. Enge Geh- und Radwege seien da nicht mehr zeitgemäß. Klaus-Peter Jonitz von der CDU ist jedoch gegen die Pläne: „Viele Bürger wollen das gar nicht. Ich glaube auch nicht, dass der Umbau kostenneutral bleibt.“ Carina Braun
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