: Demokratie bald noch schlanker
Mit einer Novelle des Verwaltungsbehördengesetzes erschwert der Senat klammheimlich die Arbeit der Deputationen. Scharfe Kritik der Opposition
Der explosive Stoff kommt in der verwaltungsüblichen spröden Verpackung daher: Das „Siebzehnte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Verwaltungsbehörden“, das der Senat jetzt der Bürgerschaft zur Beschlussfassung zugeleitet hat, sieht nichts weniger vor als eine Beschneidung der Kontrollrechte von Deputationen, den ehrenamtlichen Leitungsgremien von Behörden.
Während Deputierte bislang uneingeschränktes Recht zur Einsicht in alle Akten ihrer Behörde haben, „soweit dem Bekanntwerden des Inhaltes nicht gesetzliche Vorschriften oder das Staatswohl entgegenstehen“, gilt dieses Recht in der Neufassung des Verwaltungsbehördengesetzes nur noch für „Grundsatzangelegenheiten“ wie Haushaltsplan und Behördenorganisation sowie Ernennung und Beförderung von Beamten ab Besoldungsgruppe A13. Eine zweite Neuerung sieht vor, dass Bedienstete Hamburger Behörden für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Beendigung ihrer Beschäftigung keiner Deputation angehören dürfen.
Grundsätzliche Änderungen in der Deputationsverfassung habe es seit 1952 nicht mehr gegeben, begründet der Senat seine Novelle. Deshalb versuche man, die gesetzliche Regelung „in maßvoller Weise“ an die bestehende Verwaltungspraxis anzupassen und die Entscheidungsabläufe zu straffen. Der Bestand der Deputationen werde jedoch nicht angetastet. Es gehe lediglich um die „zeitgemäße Ausgestaltung dieser historisch gewachsenen Instrumente bürgerlicher Mitwirkung“.
„Das ist das Hochziehen des Tors in der Burg“, kritisiert dagegen GAL-Fraktionsvize Willfried Maier die Änderung beim Akteneinsichtsrecht. Dass den Deputierten „der normale Verwaltungsvorgang entzogen“ werde, sei „eine massive Beschränkung der Informationsmöglichkeiten“. Im Übrigen halte die GAL Deputationen gar nicht „für unbedingt erforderlich“ – allerdings nur unter der Bedingung, dass den Bürgerschaftsabgeordneten deutlich mehr Kontrollrechte zugestanden würden.
Für vernünftig hält Maier die neue Vorschrift, nach der Senatoren und Staatsräte nicht unmittelbar nach Ausscheiden aus dem Amt Deputierte ihrer Ex-Behörde werden dürften. „Das gäbe nur Hahnen- oder Hennenkämpfe mit dem Nachfolger“, so Maier. Unsinnig sei es allerdings, Behördenmitarbeitern wie etwa Lehrern eine Fünf-Jahres-Schamfrist aufzuerlegen.
SPD-Rechtsexperte Andreas Dressel wertet die Gesetzesänderung als „weiteren Beleg dafür, dass der Senat sich ungern in die Karten blicken“ lasse. Die Kontrollbefugnisse der Deputierten würden zurückgeschraubt. „Getarnt als Verschlankung und Effektivierung ist das – wie bei der Volksgesetzgebung – ein Rückbau der demokratischen Teilhabe durch die kalte Küche“, schimpft Dressel. Markus Jox
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