piwik no script img

KUCHEN60 Cent!

Schoko-Kirsch-Schnitte: Will ich haben!

Ich bin nicht oft im KaDeWe, aber wenn, dann oben – in der schlaraffenlandesken Lebensmittelabteilung. Dort peile ich immer genusssuchtgesteuert die Konditorabteilung an. Scharwenzle minutenlang um die Vitrinen mit den verführerischen Tortenstücken. Schoko-Kirsch-Schnitte, Aprikosen-Tarte, Mohnkuchen. Wie ein kleines Kind in der Spielzeugabteilung schreien meine Augen bei jeder dieser Kohlenhydrat-Fett-Ballungen: Will ich haben!

Aber dann registrieren meine glänzenden Augäpfel den Preis der Upperclass-Sweets und senden sofort Warnsignale an das dopaminbesudelte Hirn: 3,70 Euro! Es beginnt ein hartnäckiger Kampf: Belohnungszentrum gegen Gewissen. Verzweifelt versuche ich, mir einzureden, dass es das wert ist. Dass diese Schönheit ganz bestimmt genauso gut schmeckt, wie sie aussieht, und Qualität eben kostet. „Davon könnte ich zwei ganze Torten backen!“, empört sich die Vernunft in meinem Kopf und klingt wie meine Oma. Gut, denke ich dann einsichtig und beschließe, rational vorzugehen: Ich schaue mir jedes Kuchenstück einzeln an und überlege, ob eines davon die geschmackliche Wucht besäße, meinen Gaumen so zu verzücken, dass Worte wie „Verschwendung“ oder „Beschiss“ einfach wegge„mmmmhht“ würden. Meistens entlarve ich dabei den Cheerleadereffekt: Die sehen nur im Rudel so unglaublich verführerisch aus. Also verzichte ich, jedes Mal wieder, und verlasse schlecht gelaunt das Kaufhaus. Doch vor einigen Tagen entdeckte ich die Lösung für dieses Enthaltsamkeitsproblem. Ich saß im Bus, neben mir vier gesprächige Menschen. Als wir das KaDeWe passierten, meinte eine von ihnen, da habe sie mal gearbeitet. Das Beste seien die geilen Torten gewesen, die nachmittags in der Kantine verteilt wurden – ein Stück nur 60 Cent. 60 Cent!!! Seit dieser Information hat sich mein Berufswunsch dramatisch verändert. ANDRIN SCHUMANN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen