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Duma Boko ist Präsident in BotswanaDer Anwalt der Indigenen ist jetzt Botswanas Präsident

Der 54-jährige Duma Boko wurde mit seinem Oppositionsbündnis Umbrella for Democratic Chance am 30. Oktober zum Präsidenten gewählt.

Duma Boko will die Korruption, Wirtschaftskollaps und Verzweiflung hinter sich zu lassen Foto: Thalefang Charles/reuters

Berlin taz | Vor gut zwanzig Jahren verklagten Angehörige einer der ältesten Bevölkerungsgruppen der Welt, der „Buschmänner“ der Kalahari-Wüste Botswanas, ihre Regierung wegen Zwangsumsiedlung aus ihren jahrtausendealten Jagdgründen zugunsten der Diamantenindustrie. Einer der Vertreter der Basarwa, wie diese Volksgruppe offiziell heißt, war der 33-jährige Rechtsanwalt Duma Boko. Er hatte in einem akademischen Aufsatz dargelegt, wie Botswanas Landrecht die nomadischen Ureinwohner der Wüste systematisch diskriminiert. Sie hätten, schrieb Boko, nur die Option einer „Assimilierung in die Tswana-Gesellschaft“. Das sei ein Völkerrechtsbruch. Manche Juristen hatten Probleme mit diesem forschen jungen Kollegen, aber 2006 errang er einen Teilsieg: Die Basarwa lebten rechtmäßig in der Wüste, befand Botswanas Oberstes Gericht und erklärte ihre Zwangsumsiedlung als „ungesetzlich und verfassungswidrig“.

Achtzehn Jahre später ist der junge Staranwalt Botswanas Präsident. Duma Boko, inzwischen 54, gewann mit seinem Oppositionsbündnis Umbrella for Democratic Chance (UDC) die Wahlen vom 30. Oktober und wurde am 1. November um 17.35 Uhr als Staatschef eingeschworen. Amtsvorgänger Mokgweetsi Masisi hatte seine Wahlniederlage umstandslos eingestanden – ein reibungsloser demokratischer Machtwechsel nach 58 Jahren Herrschaft der Botswana Democratic Party (BDP), die jetzt nur noch 4 Sitze im Parlament hält.

Es ist eine Revolution für Botswana, das weltweit den Ruf als Afrikas stabilstes Land genießt, wo bei 2,5 Millionen Menschen zwischen Elefanten, Diamanten und Naturschönheiten auf der Fläche Frankreichs nie irgendwas passiert. Dass Botswana eine große Kluft zwischen Arm und Reich hat, die Wirtschaft stagniert und die Arbeitslosigkeit steigt – das sieht die Welt nicht, aber die Opposition sehr wohl.

Es ist eine Revolution für Botswana

„Über ein halbes Jahrhundert lang haben wir zugesehen, gewartet und gehofft“, heißt es zu Beginn eines UDC-Wahlkampfvideos: „Aber Hoffnung allein genügt nicht. Heute stehen wir an der Schwelle eines neuen Kapitels.“ Der Moment sei gekommen, Korruption, Wirtschaftskollaps und Verzweiflung hinter sich zu lassen. UDC sei „eine Bewegung für Gerechtigkeit, eine Bewegung für Jobs, eine Bewegung für Dich“.

Bei vielen würde das hohl klingen, aber Duma Boko traut man zu, Dinge anzupacken. Nach seinem Sieg im Basarwa-Prozess war er Botswanas bekanntester Menschenrechtsanwalt, er vertrat Todeskandidaten und Opfer von Anti-LGBT-Gesetzen. 2010 übernahm er die Führung der linken Oppositionspartei „Botswana National Front“ (BNF), die er 2012 mit anderen Parteien zur UDC zusammenführte. Bei den Wahlen 2014 errang das Bündnis beachtliche 30 Prozent; nun genügen 37,2 Prozent unter dem Mehrheitswahlrecht zum Sieg.

In Interviews tritt Boko sehr selbstsicher auf, nach Ansicht von Kritikern überheblich. „Er war so brillant, wusste alles“, beschreibt auf Facebook ein Parteifreund aus Schulzeiten, wie Boko als Sohn eines Dorflehrers auf dem Land aufwuchs, „wo Spielzeug, Fernseher und Autos ein Luxus waren“. Boko schaffte den Sprung an die Universität der Hauptstadt Gaborone und dann an die Eliteuni Harvard in den USA – und nun regiert er das Land, obwohl er anders als alle seine Vorgänger nicht zu den traditionell mächtigen Familien gehört. In Botswana spielen traditionelle Autoritäten bis heute eine entscheidende Rolle hinter den Kulissen des Staates. Wie sich Duma Boko damit arrangiert, dürfte spannend werden. Die Erwartungen sind immens. Auch seine eigenen.

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