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Wenn man spät das Fahrradfahren lernt

Es dämmert auf dem Tempelhofer Feld. Auf einer der ehemaligen Start- und Landebahnen, auf der viele Menschen Rad fahren, skaten oder in Richtung Horizont spazieren, lernt eine ältere Frau das Fahrradfahren. Sie sieht zerbrechlich aus: Sie ist dünn und klein, das Haar weiß, sie zittert ein wenig. Bei ihr steht eine jüngere Frau mit langen schwarzen Zöpfen. Sie könnte ebenso ihre Tochter wie ihre Pflegerin sein. Sie schiebt das Rad der älteren Frau, wie es Eltern bei kleinen Kindern tun, wenn sie ihnen beibringen, ohne Stützräder zu fahren.

Die ältere Frau braucht lange, um die Pedale mit ihren Füßen zu finden. Die Jüngere hält sie an den Schultern und flüstert ihr etwas ins Ohr. Dann lässt sie los und schaut ihr mit in die Hüften gestemmten Armen nach, wie sie ein paar Meter alleine schafft. Dann fällt die Radfahrerin plötzlich zur Seite, landet auf dem Boden und bleibt dort. Die Frau mit den Zöpfen nimmt die Hand zum Mund.

Tempel­hofer Feld

355 Hektar.

Das Areal des ehemaligen Flughafens Tempelhof befindet sich mitten in Berlin. Auf tempelhoferfeld.de kann man dank Be­sucher*in­nen­monitoring nachschauen, warum sich Besucher*in­nen im Park aufhalten, wie oft sie das machen oder wie alt sie sind.

Nach einigen Sekunden rennt sie los und hilft ihr wieder auf die Beine. Die beiden umarmen sich. Mühsam setzt sich die Lernende wieder aufs Fahrrad, und sie fangen wieder von vorne an. Luciana Ferrando

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