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Die Bahn setzt immer mehr Busse ein

Der Ersatz von ausfallenden Zügen auf der Straße kostet die DB täglich Millionen

Von Wolfgang Mulke

Grüne Symbole wandern über den Monitor und folgen den Fahrten von Bussen entlang der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Diese bringen die Fahrgäste im Regionalverkehr während der Sanierung der Bahnstrecke an ihre Ziele. Dafür wurden 400 Fahrer eingestellt und 150 Busse beschafft, die täglich rund 16.000 Reisende befördern.

Über den zuverlässigen Ablauf wacht Omeed Al-Saadi. Der Disponent arbeitet in der zentralen Leitstelle der Deutschen Bahn für den Schienenersatzverkehr (SEV) in Berlin. Hier koordinieren 30 Beschäftigte in drei Schichten rund um die Uhr den Ersatzverkehr im gesamten Bundesgebiet. „Streiks sind der größte Stress“, erläutert der gelernte Kraftfahrer. Auf seinem Tisch landet auch der Hilferuf eines Kunden, der seinen Laptop in einem Bus liegen ließ. Al-Saadi muss nun herausfinden, welchen Fahrer er danach suchen lassen kann.

Was eher als ärgerliche Randerscheinung der vielen Probleme bei der Bahn wahrgenommen wird, ist inzwischen zu einem eigenen Wachstumszweig geworden. Auf den Bahnstrecken gibt es täglich rund 1.000 Baustellen. Oft muss dafür kurzfristig ein Ersatzverkehr mit Bussen organisiert werden.

„Die müssen in der Regel innerhalb einer Stunde vor Ort sein“, sagt Frank Nostitz, Chef der Bahn-Tochter DB SEV. Geht irgendwo etwas schief, telefonieren die Disponenten passende Busunternehmen in der Umgebung ab und schicken sie zum Einsatzort. Mit 3.500 Busunternehmen arbeitet die Bahn dabei zusammen. Auch private Bahnen nehmen diesen Dienst der DB gern in Anspruch.

Der schlechte Zustand der Schieneninfrastruktur hat für einen Boom der Busbranche gesorgt. Seit 2019 hat sich der Umfang der Ersatzverkehre auf rund 2.300 Fahrten am Tag verdoppelt. Busse sind knapp, Fahrer gesucht. „Wir rekrutieren weiter im Ausland, weil wir die Bedarfe im Inland nicht decken können“, berichtet Nostitz. Von den 400 Fahrern im Busverkehr der Riedbahn kommen 60 aus Spanien und 40 aus Polen.

Während Al-Saadi den Bus mit dem verlorenen Laptop sucht, klappern seine Kollegen Busunternehmen für Blitzeinsätze ab. Die sind besonders herausfordernd. Die Leitstelle musste im vergangenen Jahr 12.500 kurzfristige Busnotverkehre auf die Beine stellen. Dann haben die Disponenten viel zu tun.

Bis 2030 sollen 40 Korridore zeitweilig für eine Generalsanierung komplett gesperrt werden. Die Busse sind für die Bahn ein kostspieliger Ersatz. Denn ein solcher Zuwachs bei SEV ist in den Verkehrsverträgen mit den Ländern nicht vorgesehen. Bei Buspreisen zwischen 3 und 12 Euro pro Kilometer kommen insgesamt beträchtliche Beträge zusammen. 24 Millionen Kilometer fuhren die Ersatzbusse allein im vergangenen Jahr. Immerhin gibt es für die Generalsanierungen eine Vereinbarung von Bund und Ländern zur Übernahme der Kosten.

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