herzensort: Behagliche Scheinwelt
Draußen ist es unwirtlich. Man latscht durch graue Industriegebiete und hört den Autobahnlärm. Aber bald schon steht er da, dieser überdimensionierte blaue Kasten mit den unverwechselbaren gelben Buchstaben. Es kann voll werden bei Ikea, besonders an Samstagen. Aber selbst wenn sich die Kunden schon auf der Rolltreppe drängen und Horden von Kindern darauf warten, endlich im Småland abgegeben zu werden, fühle ich mich wohl. Es ist behaglich, hell und warm. Seit vor fünfzig Jahren die erste deutsche Ikea-Filiale eröffnet hat, wurde das Möbelhaus für viele zum Sehnsuchtsort.
Die Zeit scheint still zu stehen, während ich durch die Wohnzimmer laufe, in denen nie jemand gewohnt hat. So unecht wie die sorgfältig kuratierte Einrichtung ist auch die Einzigartigkeit, die sie vermittelt – als würde nicht jeder Zweite diese Kommode oder jene Vase besitzen. Mir ist das egal. Mein Zimmer besteht ausschließlich aus Ikea-Möbeln, und es werden immer mehr. Weil ich es liebe, in dieser riesigen Kaufhalle zu stöbern und den Einkaufswagen vollzupacken. Ein Gemüse-Hotdog noch, dann muss ich wieder gehen. Oder einfach noch mehr kaufen. Nico Preikschat
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