Bericht der Weltwetterorganisation: Klimakrise macht Süßwasser knapper
Gletscher schmelzen, Hitze lässt Wasser verdunsten. Eine Folge des Klimawandels sind sinkende Wasserstände in Flüssen und Seen.
Ursache sei der Klimawandel, so die Organisation, verschärft durch das alle paar Jahre natürlich auftretende Wetterphänomen El Niño, das weltweit die Niederschläge beeinflusst. El Niño wiederum wird durch die globalen Treibhausgasemissionen immer wahrscheinlicher: Wissenschaftler:innen haben erst vor Kurzem erforscht, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre und der Intensität, Extremität und Häufigkeit von El Niño gibt. 2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Industrialisierung und Gletscher verloren so viel Eis wie nie zuvor in mindestens 50 Jahren.
In Flüssen, die durch Gletscher genährt werden, steige zwar der Pegelstand zunächst, weil das Eis schmilzt und abfließt, erklärte Stefan Uhlenbrook, WMO-Direktor der Abteilung Hydrologie, Wasser und Kryosphäre. Wenn die Gletscher verschwunden sind, habe dies aber dramatische Konsequenzen für die Flüsse. Die Menschen müssten sich darauf vorbereiten: zum Teil mit Wasserreservoirs, aber vor allem durch vorsichtigeren Verbrauch einer schwindenden Ressource, sagte er.
Nicht alle Flüsse waren gleichermaßen betroffen. Im Gebiet des Mississippi in den USA, des Amazonas in Südamerika sowie der Flüsse Ganges, Brahmaputra und Mekong in Asien gab es 2023 weniger Wasser als im langfristigen Mittel. In Ostafrika, im Norden Neuseelands, auf den Philippinen und in Nordeuropa war es dafür mehr Wasser, so die WMO.
Der Kanarienvogel des Klimawandels
„Wasser ist der Kanarienvogel in der Kohlegrube des Klimawandels“, sagte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. „Wir erhalten Notsignale in Form von immer extremeren Regenfällen, Überschwemmungen und Dürren, die Leben, Ökosysteme und Volkswirtschaften schwer belasten.“ Früher wurden in Bergwerke Kanarienvögel mitgenommen, weil sie bei einer erhöhten Konzentration von potenziell tödlichem Kohlenmonoxid früher ohnmächtig werden als Menschen und deshalb als Frühwarnsystem fungierten.
3,6 Milliarden Menschen haben nach UN-Angaben mindestens einen Monat im Jahr nicht genug Wasser – das sind mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung. Die Zahl dürfte nach Modellrechnungen bis 2050 auf fünf Milliarden steigen.
Der Bericht dokumentiert unter anderem Wasserstände in Seen und Flüssen, Feuchtigkeit in Böden sowie Messungen von Gletschern und Schnee. Allerdings konnten viele Länder kaum Daten beisteuern, bei einem Parameter gab es nur aus gut 30 Ländern Messungen. In so einem Fall ergänzt die Weltwetterorganisation mithilfe von Modellrechnungen. Es müssten dringend mehr Daten erhoben werden, forderte die WMO.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“