Orbans „Souveränitätsgesetz“: EU-Kommission verklagt Ungarn

Immer wieder wird Budapest vorgeworfen, den Rechtsstaat auszuhöhlen. Die EU-Kommission kündigt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof an.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban

Nicht erfreut: Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

Brüssel dpa | Die EU-Kommission will Ungarn erneut wegen mutmaßlicher Verstöße gegen europäisches Recht vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen. Grund sei diesmal das nationale Gesetz über die „Verteidigung der Souveränität“, teilte die Brüsseler Behörde mit.

Sie sieht darin unter anderem Verstöße gegen Grundsätze der Demokratie, der freien Meinungsäußerung und der Vereinigungsfreiheit. Konkret geht es den Angaben zufolge auch um die Achtung des Privat- und Familienlebens und das Recht darauf, vertraulich mit Anwältinnen und Anwälten sprechen beziehungsweise schreiben zu können.

Mit dem im Dezember verabschiedeten Gesetz wurde ein neues „Amt für Souveränitätsschutz“ eingerichtet, das eventuelle Bedrohungen Ungarns aus dem Ausland überwachen soll. Das bereits geltende Verbot der Parteienfinanzierung aus dem Ausland wurde damit auf Vereine und andere Organisationen ausgeweitet. Verantwortlichen dieser Organisationen, die versuchen, Finanzquellen aus dem Ausland zu verschleiern, drohen zudem drei Jahre Freiheitsentzug.

„Amt für Souveränitätsschutz“ besonders in der Kritik.

„Das Gesetz verleiht dem Amt einen sehr weiten Ermessensspielraum für die Ermittlungen – insbesondere, was den Zugang zu Informationen betrifft –, und gestattet es dem Amt, in die Ermittlungstätigkeit anderer Behörden einzugreifen“, teilte die EU-Kommission mit. Die Befugnisse und der große Ermessensspielraum werde Folgen etwa für Nichtregierungsorganisationen, Medien und Journalisten haben und wohl nicht verhältnismäßig sein.

Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sagte, das Gesetz „stammt aus dem Lehrbuch Wladimir Putins und kommt ganz konkret gegen die Zivilgesellschaft in Ungarn zum Einsatz“.

Bei Verurteilung droht eine Geldstrafe

Bereits im Februar hatte die Brüsseler Behörde wegen des neuen Gesetzes ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest eingeleitet. Ungarn hielt jedoch an dem Gesetz fest. Sollte die Klage der Kommission nun erfolgreich sein und der Europäische Gerichtshof Budapest verurteilen, droht bei einem weiteren Festhalten an dem Gesetz eine Geldstrafe.

Es wäre nicht die erste Geldstrafe gegen Ungarn. Der EuGH verhängte beispielsweise im Juni eine Strafe, weil Ungarn aus EuGH-Sicht gegen das EU-Asylrecht verstößt. Da Ungarn die 200-Millionen-Euro-Strafe nicht bezahlt hat, will die Europäische Kommission das Geld von künftigen EU-Zahlungen an Budapest abziehen.

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