„Friedensplan“ stößt auf Kritik

China und Brasilien ventilieren einen Plan für Frieden zwischen der Ukraine und Russland. Kyjiw sieht in dem Ansatz wenig Chancen, betont aber die Notwendigkeit von Diplomatie

Von Barbara Oertel
und Tanja Tricarico

Der Winter steht bevor, die russische Armee intensiviert kontinuierlich ihre Angriffe auf die Ukraine insbesondere im Osten des Landes, und Präsident Wolodymyr Selenskyj kämpft um anhaltende Waffenlieferungen an sein Land. Militärische Stärke zeigen und aufrechterhalten, sei ein Mittel, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Knie zu zwingen, so Selenskyj. Sein Ziel: das Ende des Krieges.

Dafür war er in der vergangenen Woche auch bei US-Präsident Joe Biden in den USA zu Besuch – und in der UN-Generalversammlung. Als Zeichen der Solidarität und einem Signal der Stärke soll Mitte Oktober in Deutschland eine Art Sicherheitskonferenz mit rund 50 verbündeten Staaten stattfinden. Konkret wird sich erneut die Ukraine-Unterstützergruppe in Ramstein in Rheinland-Pfalz treffen. Dieses Mal aber auf Ebene der Staats- und Regierungschefs. Normalerweise nehmen ranghohe Militärs und Verteidigungsminister an den Treffen teil. Im Oktober wird nun auch US-Präsident Joe Biden erwartet, zuvor wird dieser Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin treffen. Zudem ist ein Gespräch im sogenannten Quad-Format geplant mit Frankreich, Großbritannien, Deutschland und den USA.

Die Konferenz in Ramstein kann als eine Art Abschiedsgeschenk an die Ukraine gewertet werden. Im November wählen die USA einen neuen Präsidenten. Verliert Demokratin Kamala Harris und Donald Trump wird US-Präsident, wird sich auch bei der Unterstützung der Ukraine einiges ändern.

Selenskyj setzt neben der militärischen Stärke auf diplomatische Anstrengungen. Im Juni hatten sich die Verbündeten der Ukraine sowie Staaten des Globalen Südens auf dem Bürgenstock in der Schweiz getroffen. Russische Vertreter nahmen nicht teil, ebenso wenig wie Entsandte aus China, Brasilien oder Südafrika. Ein Teil der Abschlusserklärung sieht vor, dass Friedenspläne aller Art in Betracht gezogen werden sollen, wenn sie auf dem Völkerrecht beruhen, der UN-Charta und den Prinzipien der territorialen Integrität und Souveränität folgen. Ein weiteres Treffen war eigentlich für November angedacht. Aber Zeit und Ort sind noch nicht festgezurrt.

Nun haben China und Brasilien einen Friedensplan für ein Ende des Krieges vorgelegt. Allerdings kommt dieser Plan in Kyjiw nicht gut an. „Alle Initiativen, die keinen eindeutigen Verweis auf die UN-Charta enthalten und nicht die vollständige Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine garantieren, sind inakzeptabel“, heißt es dort. Derartige „Friedensinitiativen“ seien nur dazu da, um eine Illusion von Dialog zu erzeugen. Zudem kritisierte Kyjiw, dass ohne die Ukraine über die Ukraine geredet werde.

Die Schweiz hatte vergangene Woche als Beobachterin an einem von Brasilien und China organisierten Treffen am Rande der UN-Generalversammlung teilgenommen. Dabei war nach Medienberichten ein sechs Punkte umfassender Plan vorgestellt worden. Kern solle dem Vernehmen nach ein Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinie sein nach dem Vorbild des Koreakrieges. Ukrainische Ex­per­t:in­nen bewerten die Runde der „Freunde des Friedens“ als eine Plattform, die von Putin-Unterstützern erfunden worden sei. Dort würde nicht vom russischen Krieg in der Ukraine, sondern von der „ukrainischen Krise“ gesprochen, für die „die Länder des Globalen Südens“ nicht mehr den Preis zahlen wollten. Das sei keine Grundlage für Verhandlungen. Grundsätzlich sei man bereit, sich an einem Weg zum Kriegsende zu beteiligen. Kein Frieden, bei dem Russland bekommt, was es will, werde allerdings von Dauer sein.