„Als Ultima Ratio können Sie die Polizei rufen“

Der Herbst bringt Sägen: Uwe Bahr vom BUND weiß, was im Falle des Fällens getan werden kann

Interview Claudius Prößer

taz: Herr Bahr, heute beginnt wieder die Fällperiode. Viele BerlinerInnen werden dann aufgeschreckt, wenn Trupps mit Kettensägen anrücken, um Bäume in der Straße oder auf dem Hof zu fällen. Was können sie dann tun?

Uwe Bahr: Es kommt immer wieder vor, dass Anwohner dann in heftige Diskussionen mit den Mitarbeitern einer Baumpflegefirma geraten. Ich empfehle, nett zu fragen, ob sie eine Fällgenehmigung dabeihaben. Dann kann es durchaus sein, dass sie die vorzeigen.

taz: Müssen sie die auf Nachfrage vorlegen?

Bahr: Nein, müssen sie nicht, aber wenn man freundlich und ohne Vorverdächtigung fragt, werden sie das in aller Regel tun. Die wollen ja auch ihre Arbeit in Ruhe durchführen. Wenn sie nicht reagieren und Ihnen die Sache dubios vorkommt, sollten Sie beim zuständigen Amt nachfragen – das ist das Straßen- und Grünflächenamt bei Baumarbeiten im öffentlichen Bereich und das Umwelt- und Naturschutzamt, wenn es sich um ein privates Grundstück handelt.

taz: Und die haben eine Auskunftspflicht?

Bahr: Laut Umweltinformationsgesetz hat jeder Bürger das Recht, Umweltdaten zu erfragen. Viele Menschen scheuen sich leider, beim Amt anzurufen. Da gibt es so eine Schwellenangst, die Sorge, dass man nicht ernst genommen wird und keine vernünftige Auskunft bekommt. Aber obwohl ich das auch schon erlebt habe, ist es nicht der Normalfall.

taz: Und wenn ich das Amt nicht erreiche?

Bahr: Als Ultima Ratio können Sie die Polizei rufen, damit die den Sachverhalt klärt.

Uwe Bahr

ist Baumschutzexperte beim BUND-Landesverband Berlin.

taz: Muss denn für jede Fällung eine Genehmigung vorliegen?

Bahr: Nein, das kommt darauf an. Genehmigungspflichtig ist erst einmal die Fällung aller Bäume, die unter die Berliner Baumschutzverordnung fallen: Das sind grundsätzlich alle Laubgehölze, von den Obstbäumen allerdings nur Walnuss und Türkischer Baumhasel. Bei den Nadelbäumen ist lediglich die Waldkiefer geschützt. Außerdem gilt die Verordnung erst ab einem Stammumfang von 80 Zentimetern in einer Höhe von 1,30 Meter. Was untermaßig ist, kann ohne Genehmigung gefällt werden – das muss man wissen, da kommt es auch oft zu Irritationen.

taz: Informieren die Bezirksämter rechtzeitig darüber, wann und wo ein Baum gefällt werden soll?

Bahr: Treptow-Köpenick ist leider der einzige Bezirk, der damit vorbildlich umgeht. Die kündigen das auf ihren Webseiten an mit Straße, Katasternummer, Baumart und dem Grund der Fällung. Die anderen Bezirke handhaben das unterschiedlich, es gibt da auch zum Teil Fälllisten, die aber oft nicht aktuell sind.