Steuerrefrom: SPD will Normalverdiener entlasten

Nach SPD-Plänen sollen Spitzenverdiener mehr Steuern zahlen. Diese Forderung ist keineswegs neu, umgesetzt hat die Partei sie nur noch nie.

Saskia Esken im roten Mantel und Lars Klingbeil mit Olaf Scholz stehen winkend in einem fahrenden gläsernen Fahrstuhl

Olaf Scholz (r.) hatte schon mal die Idee: „Reiche wie ich sollten mehr Steuern zahlen“ Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken ist am Montag froh gestimmt – „nach einem Wochenende mit neuen Klarheiten“. Man arbeite an einem Aufschwung für alle, habe einen Plan, damit Einkommen und Vermögen nicht immer weiter auseinandergehen, so Esken nach der zweitägigen Klausur des Parteivorstands. Der hat ein Strategiepapier beschlossen, demzufolge 95 Prozent der Steu­er­zah­le­r:in­nen entlastet und ein Prozent etwas stärker belastet werden sollen.

Doch die Forderung nach einer Einkommensteuerreform ist weder neu – noch ist klar, was die SPD genau plant. Schon im Juni 2021, also mitten im Bundestagswahlkampf, schlug der damalige SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz in der Bild am Sonntag vor: „Reiche wie ich sollten mehr Steuern zahlen.“ Scholz, damaliges Jahresbrutto gut 200.000 Euro, kündigte an: 96 Prozent der Steu­er­zah­le­r:in­nen würden entlastet. Für die obersten 4 Prozent der Top­ver­die­ne­r:in­nen werde es dafür etwas teurer.

Seit Dezember 2021 ist Scholz Kanzler. Passiert ist seitdem nichts. Was zugegebenermaßen auch daran liegt, dass die FDP jegliche Art von Steuererhöhungen ablehnt. Nun, da das Ende der Ampel in Sicht ist und der Wahlkampf anläuft, holt die SPD den Evergreen erneut aus der Schublade.

Die Reaktionen sind verhalten. FDP-Chef Christian Lindner wäre sogar bereit, die Entlastungen für 95 Prozent der Steu­er­zah­le­r:in­nen mitzutragen. Finanzieren könnte man das „durch eine weitere Bürgergeldreform“, schreibt Lindner auf der Plattform X. Esken erteilte diesem Vorschlag am Montag eine Absage: Die „Gegenfinanzierung über das Bürgergeld lehnen wir ab“.

Klares „Nein“ von Merz

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zeigte sich sogar „schockiert“ über die Pläne. Wenn die SPD dies durch eine höhere Besteuerung des obersten Prozents der Verdienenden gegenfinanziere, müsse deren Steuersatz auf 60 Prozent steigen, sagte Merz am Sonntagabend in der ARD. „Dann ist unsere Antwort klar und deutlich: Nein.“

Weder mit einem aktuellen noch mit einem potenziellen künftigen Koalitionspartner könnte die SPD ihre Steuerreformpläne also umsetzen. Eine Erfahrung schon der letzten 20 Jahre, wie der 2021 aus dem Bundestag ausgeschiedene SPD-Politiker Lothar Binding erläutert. Seit 20 Jahren plane die SPD den Spitzensteuersatz erst für höhere Einkommen zu erheben und dies durch eine Erhöhung der Spitzensteuer wettzumachen. Gescheitert sei das immer an der Union.

Derzeit wird der Spitzensteuersatz von 42 Prozent bei der Einkommensteuer ab einem Jahresbruttoeinkommen von 62.810 Euro für Singles und 125.620 für Paare fällig, das heißt nur für das Einkommen oberhalb dieser Grenzen. Ab 277.825 Euro für Singles und 555.650 Euro für ein Paar greift der Reichensteuersatz von 45 Prozent.

Seeheimer: Höchststeuersatz von 48 Prozent

Ihre aktuellen Reformpläne hat die SPD noch nicht weiter ausformuliert. Der konservative Seeheimer Kreis in der SPD hat aber schon mal einen Aufschlag gemacht: In einem im Oktober veröffentlichten Strategiepapier schlagen die Seeheimer vor, den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent anzuheben. Dafür soll dieser erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 80.000 Euro für Singles beziehungsweise 175.000 für Verheiratete erhoben werden. Der ­Höchststeuersatz soll auf 48 Prozent steigen und wie bisher ab 278.000 Euro gelten.

Scholz hatte vor drei Jahren vorgeschlagen, dass der erhöhte Spitzensteuersatz erst ab einem Jahresbruttoeinkommen oberhalb von 100.000 Euro für Singles und für Verheiratete oberhalb von 200.000 Euro greift. Mal sehen, ob er sich diesmal durchsetzen kann, zumindest parteiintern. Die Steuerpläne der SPD sollen bis zum Frühjahr konkretisiert und im Juni im Regierungsprogramm verabschiedet werden.

Dort werde auch eine Reform der Erbschaftsteuer enthalten sein, wie sie auf dem Parteitag im Dezember beschlossen worden sei, kündigte Esken an. Die SPD will die Erbschaft- und Schenkungsteuer so reformieren, „dass Multimillionäre und Milliardäre mehr zum Gemeinwohl beitragen“. Zumindest auf dem Papier.

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