Andreas Hergeth
Der Wochenendkrimi
: Ein Wasserkrimi in Brandenburg voller Wendungen

Nein, es handelt sich nicht um die neue RBB-Serie „WaPo Eberswalde“, obwohl einem das nach Sichtung des neuen „Polizeirufs 110“ aus Brandenburg durchaus in den Sinn kommen könnte. Wird das lineare ARD-Vorabendgramm und damit die Mediathek doch mit diversen Wasserschutzpolizei-Serien geflutet. Die „WaPo Berlin“ gibt es längst seit 2020, die „WaPo Bodensee“ bereits seit 2017, es folgten Ableger, die in Duisburg und auf der Elbe bei Dresden spielen.

Im „Polizeiruf 110“ mit dem treffenden Titel „Wasserwege“ ist schönerweise Vincent Ross (André Kaczmarczyk), der zuletzt pausiert hatte, wieder an Bord. Zum Einstieg fliegt die Kamera eine schnurgerade Wasserstraße entlang. Irgendwie unnatürlich und doch schön, dieser Finowkanal. Es handelt sich um die älteste künstliche Wasserstraße Deutschlands, die noch in Betrieb ist und unter Denkmalschutz steht.

Ein Boot der Wasserschutzpolizei kommt ans Ufer. „Großer Gott, da müssen wir jetzt rauf“, stöhnt Ross. „Seekrank?“, fragt Karl Rogov (Frank Leo Schröder) seinen jüngeren Kollegen. An Bord der „WSP 3“ hat Wasserschutzpolizistin Gunde Johannsen (Petra van de Voort) das Sagen, sie fungiert als eine Art Sachverständige fürs viele Wasser hier, denn Ross und Rogov kennen sich in der Gegend nicht aus. Das dürfte etlichen Zu­schaue­r:in­nen ebenso gehen. Der (Wasser)Weg führt über das Schiffshebewerk in Niederfinow (noch so ein Denkmal) und den Hafen in Eberswalde zu einem Kanuklub: Am Ufer des Finowkanals wird eine polnische Studentin der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde tot aufgefunden – in einem Kanu liegend. Und im Kanuklub hatte am Vorabend ein Professor der Hochschule seinen Geburtstag mit Stu­den­t:in­nen gefeiert. Auch Sara, das Opfer, war darunter. Aber die Party war früh aus, wir sehen Sara in den Bus steigen, der sie nach Hause bringen sollte. Doch ein Anruf kommt dazwischen und sie steigt wieder aus. Wenig später ist sie tot. Seltsam: Sie hatte keine Drogen im Blut, wohl aber Kokain in den Händen, wie entsprechende Spuren unter den Fingernägeln belegen.

Eins und eins sind hier schnell zusammengezählt. Aber wer’s getan hat, war noch nie wesentlich beim „Polizeiruf 110“

Es gibt schnell mehrere Verdächtige. Der Exfreund, mit dem Sara noch zusammen in einer Wohnung lebt, und der weint, als Ross die Nachricht überbringt. Der Professor, der bei der Todesnachricht seltsam reserviert reagiert. Und dann ist da ein Schubschiff, dessen Besatzung auf dem Weg von Stettin nach Berlin regelmäßig Fracht im Eberswalder Hafen aufnimmt …

Ross und Rogov ermitteln klassisch vor Ort, die Kollegen in der deutsch-polnischen Mordkommission im Grenzort Świecko übernehmen die digitalen Recherchen. Für die Studentin war zuletzt nur noch ihre Masterarbeit über die Nutzung der Wasserstraßen und den Hafen in Eberswalde wichtig – ebenda, das kann kein Zufall sein, arbeitet ein Bruder des Professors.

Zugegeben: Eins und eins sind hier schnell zusammengezählt, schon nach einer halben Stunde hat man so seine Ahnungen. Aber wer’s getan hat, war noch nie wesentlich beim „Polizeiruf 110“, auch bei den guten Krimis der Reihe, sondern das Warum. Und natürlich wartet der Plot mit Wendungen auf, behalten Sie die Wasserschutzpolizistin im Auge. Der Film aber ist allemal spannender als die leider langweilige „Tatort“-Folge aus Nürnberg letzten Sonntag. Dem ungleichen Ermittlerduo sieht man gerne zu, ja man würde sich wünschen, dass sie mal in Serie gehen könnten.

„Polizeiruf 110: Wasserwege“: So., 20.15 Uhr, ARD + Mediathek