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Alt und jung sind sich nicht grün

PARTEIEN Über mangelnde Nachwuchsförderung beschweren sich mit schöner Regelmäßigkeit Mitglieder der Bremer Grünen Jugend. Jetzt häufen sich die Austritte

VON EIKEN BRUHN

Seit Dienstag gibt es auf der Homepage der Bremer Grünen einen Link zur parteieigenen Jugendorganisation „Grüne Jugend“. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern musste im Juni auf einer Landesmitgliederversammlung der Grünen eigens beschlossen werden. Die zumindest virtuelle Verbindung zwischen alt und jung ist Teil eines „Aktionsplans für eine Grüne Nachwuchspolitik in Bremen“ und sollte den Streit um eine bessere Einbindung der Junggrünen in die Parteistrukturen beenden helfen.

Doch so ganz ging der Plan nicht auf: Aus dem vierköpfigen Vorstand, der den Aktionsplan initiiert hatte, ist nur noch eine dabei, zwei sind aus der Partei ausgetreten, ein dritter erklärte am Montag, er würde zwar bei den Grünen bleiben, sich aber weder für die Alten noch für die Jungen weiter engagieren wollen.

Die Begründung ist dieselbe, die auch der ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Jens Crueger genannt hatte, als er im Februar die Partei verließ, die ihn mit 18 Jahren zum jüngsten Bremer Parlamentarier aller Zeiten gemacht hatte: zu viele Altvordere, die sich nicht die Bohne für den Nachwuchs interessierten.

Es sei denn, es ginge ums Plakatekleben: „Bei den Bremer Grünen wird man immer mit einbezogen, wenn es der Partei mehr nützt als einem selbst“, sagt Crueger, der nach Hamburg zog und dort in die SPD eintrat, für die er jetzt Wahlkampf macht. Auch seine eigene schnelle Karriere sei wohl „ein Unfall“ gewesen, glaubt er: Die Grünen hätten 2003 nicht mit einem so hohen Wahlergebnis gerechnet. Allerdings räumt er ein, dass so ein Unfall in einem größeren Landesverband, bei einer anderen Partei wahrscheinlich gar nicht erst passiert wäre.

André Heinemann, Sprecher der „Altgrünen“, wird stinksauer, wenn ihm vorgeworfen wird, er und seine Mitstreiter betrieben keine Nachwuchsförderung: Er zählt die Posten auf, die Mitglieder der Grünen Jugend inne haben – es sind nicht wenige. Und noch am Montagabend habe er sich mit Junggrünen getroffen, die anschließend Flyer auf der großen CDU-Wahlveranstaltung mit Angela Merkel verteilt hätten. Schließlich seien ja nicht alle Mitglieder der Grünen Jugend stiften gegangen.

Andererseits findet auch Heinemann, dass der Aktionsplan notwendig war – und die Kritik berechtigt. Warum die ehemaligen Vorstandsmitglieder Sara Dahnken, Patrick Meiß und Eike Schurr nacheinander im Laufe der vergangenen Woche das Handtuch warfen, könne er nicht recht verstehen, der Aktionsplan sei doch noch ganz frisch. „Das geht doch nicht von heute auf morgen.“

Außerdem wirft Heinemann den dreien vor, mit ihrem Verhalten das Ansehen des Landesverbands in Berlin beschädigt zu haben. Am Sonntag entschied gerade das Bundesschiedsgericht der Grünen Jugend, dass Meiß und Schurr gegen die Satzung verstießen, als sie im April morgens von ihren Vorstandsposten im Vorstand zurück traten, um sich abends wiederwählen zu lassen. Mit diesem Coup ersetzten sie eine 16-jährige Sprecherin, mit der sie nicht mehr zurecht kamen, durch Dahnken. Dass der „altgrüne“ Landesvorstand dies dem Bundesschiedsgericht meldete, empfinden die drei als „Einmischung“ in „junggrüne“ Angelegenheiten.

Und sie keilen zurück: Ein schlechtes Licht, so sagt der 20-jährige Eike Schurr, habe vielmehr der Bremer Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner geworfen mit seiner Tirade gegen Internet, Twitter und Co., wegen der die Bundespartei wiederum ihn rüffelte. In die Piratenpartei wollen Dahnken und Meiß nun nicht eintreten. Letzterer aber schließt immerhin den Wechsel zur SPD nicht aus.

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