kunstraum
: Was wo den Rahmen vorgibt

Cosima zu Knyphausen, „musitas“, 2024, ink and vinyl paint on fabric, 18 x 15.5 cm Foto: Courtesy of Cosima zu Knyphausen and Galerie Thomas Schulte

Erinnert sich noch jemand an t.A.T.u.? An jenes russische Popduo, das im Jahr 2002 mit „all the things she said“ die internationalen Charts stürmte? Und das mit einem Musikvideo für Aufsehen sorgte, in dem die beiden Sängerinnen in knappen Schuluniformen als lesbisches Liebespaar posierten? Szenen aus jenem Clip dienten Cosima von Knyphausen als Vorlage für ein kleines Gemälde. Sechs winzige Bilder sind es, positioniert vor dem Muster eines Maschendrahtzauns, wie er damals Teil des Settings war.

Rund um Queerness, Begehren und unterschiedliche Interpretationen des Künstlerinnentums kreisen auch die anderen Arbeiten Cosima von Knyphausens, die in ihrer ersten Einzelausstellung in der Galerie Thomas Schulte hängen. Nicht nur popkulturelle Referenzen sind dort zu finden, auch Motive von Artemisia Gentileschi oder auch Angelika Kauff­mann. Und Anspielungen auf das Alltagsleben der Künstlerin.

Die Kreuzberger Bar Möbel Olfe ist verewigt, weitere Bilder zeigen sie selbst beim Bespannen eines Keilrahmens, beim Verzweifeln vor der Leinwand, beim Befüllen einer Waschmaschine. Auch älteren Frauen, Ratgeberinnen, einer Professorin begegnet man mehrfach. Ist es die „Maestra“, nach der die Schau benannt ist?

Nah an die Bilder herantreten muss man stets, denn von Knyphausen beschränkt sich auf Kleinstformate, die etwas von mittelalterlichen Miniaturen haben oder von Comiczeichnungen. Einige hat sie eingebettet in abstrakte Muster, die ihnen eine Art Rahmen geben. Mal beziehen sie sich auf konkrete Muster, wie den Maschendrahtzaun im eingangs beschriebenen Bild, oder auf die Fußbodenfliesen in der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, wo von Knyp­hausen studierte. Andere hat sie zusammengesetzt aus Eierschalenstückchen oder verbogenen Heftklammern. Die Frage scheint sie umzutreiben: Was gibt wo den Rahmen vor – auch im übertragenen Sinne?

Mit „Maestra“ eröffnet die Galerie Thomas Schulte ihre neuen zusätzlichen Räume in den Mercator-Höfen an der Potsdamer Straße. Nicht weit davon entfernt befand sich, so steht es im Ausstellungstext, im späten 19. Jahrhundert die erste Malschule Deutschlands, an der Frauen Kunst studieren konnten.

Cosima von Knyphausen: Maestra. Galerie Thomas Schulte, bis 2. November, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Potsdamer Str. 81B

Beate Scheder