Anne Haeming
Der Wochenendkrimi
: Ein langweiliges „Tatort“-Finale in Franken mit zu viel Larifari

Offenbar dachte sich in der ARD irgendjemand: So, der Herbst ist da, stimmen wir alle mal ein auf klamme Nebelkälte, Totensonntag und all die anderen Highlights. Die Programmplanung wirkt jedenfalls so. Die Sonntagabendkrimisaison hat eben erst angefangen, schon gibt’s den zweiten Abschied.

Vergangenen Sonntag letzter Fall mit dem Frankfurt-Main-Team Margarita Broich und Wolfram Koch als Ermittlungsduo Janneke/Brix, inklusive einschlägigem kollegialem Beistand von Matthias Brandt (sein Ausstieg beim Münchner „Polizeiruf“ schmerzt auch sechs Jahre später noch).

Diese Woche nun also das Finale mit Dagmar Manzel als Hauptkommissarin Paula Ringelhahn in Franken, und damit wir das auch genau verstehen, summt Barry McGuire gleich zu Beginn im Hintergrund: „We’re on the eve of destruction“.

„Trotzdem“ heißt diese zehnte Folge mit dem Mordkommissions-Team Ringelhahn und Voss (Fabian Hinrichs), Drehbuch und Regie hat dieses Mal, wie auch schon bei der Premiere damals, Max Färberböck übernommen.

„Trotzdem“ passt als Motto ganz gut. Sagen wir so: Selbst wenn man diesen Film zweimal anschaut, bleibt er so farblos, wie die kommenden Monate um uns herum werden, wie jedes Jahr. Die leise Hoffnung, bei der Wiederholung zu verstehen, worum es geht, verpufft fix.

Es gibt zwei Tote, eine Kettenreaktion, die zwei Familien mit sich zieht. Der erste: Junger Mann bringt sich um, im Gefängnis wegen eines Mordes vor drei Jahren – nur dass seine beiden Schwestern, das ganze Umfeld immer sagen: Er war’s nicht. Direkt danach liegt ein anderer junger Mann tot auf der Straße.

Selbst wenn man ihn zweimal anschaut, bleibt er so farblos, wie die kommendenMonate um uns herum werden, wie jedes Jahr

Das und alles, was danach kommt, sind seltsame Versionen von Rache oder Trauerbewältigung. Mittendrin die beiden Schwestern des einen Toten, die Familie des anderen Toten, ein Vater mit Knastjugendvergangenheit, aber mit schickem Haus, zweitem Sohn, schöner Frau (Ursina Lardi), das ganze Pipapo.

Dieser ganze Trumm ist mit so viel Larifari erzählt, dass dieser Film vor allem eines ist: irre langweilig. Dagmar Manzel hat wirklich was anderes verdient.

Da bleibt nur: ein „Trotzdem“ finden. Ein paar Funken entdecken, irgendwas, das leuchtet. Einer ist Florian Karlheim, als Freund einer der beiden Schwestern dabei. Und neben Manzel der Einzige, der Färberböcks stocksteife Sätze in zimmertemperaturwarme Butter verwandelt – sein Muckibudentyp lebt. Alle anderen wirken, als stünden sie auf einer Theaterbühne.

Man könnte hier einen kleinen Theaterexkurs einbauen, weil neben den Bühnenfixsternen Hinrichs, Manzel und Lardi auch Maja Beckmann dabei ist, 2021 Schauspielerin des Jahres, Schwester von Lina Beckmann, dieses Jahr zur Schauspielerin des Jahres gekürt und im Rostocker „Polizeiruf“ an der Seite von Anneke Kim Sarnau die Nachfolgerin und Schwester von Bukow (Charly Hübner), aber das führte hier wirklich zu weit.

Der andere Funken ist Manzel. Und die Art und Weise, wie sie geht. Ohne Tamtam. Stattdessen steht sie in der großen Stille des Kommissariats und singt a cappella „Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel. Auf der Heimfahrt fragt Voss: „Wofür, liebe Paula, soll das gut sein?“, das ganze Böse in der Welt. Sie: „Der liebe Gott hat den ganzen Dreck erfunden, damit wir das, was schön ist, mehr schätzen.“

Und dann steigt sie aus dem Auto, klopft noch mal aufs Autodach und verschwindet lächelnd im Hauseingang. So geht’s halt auch. Trotzdem.