wortwechsel: Personenkult oder bessere Alternative?
Dominic Johnsons Kolumne zum BSW ruft sehr kontroverse Reaktionen hervor. Vom Füllen der Repräsentationslücke bis zu destruktiver Politik ist alles dabei.
Unwürdiges Geschachere
„Ein Tiefpunkt im politischen Umgang“,
wochentaz vom 28. 9. 24
Dass die AfD in Thüringen die stärkste Partei werden würde, war seit Monaten den Umfragen zu entnehmen. CDU, SPD, und Linke im Thüringer Landtag müssen sich fragen lassen, warum sie nicht bereits in der letzten Legislaturperiode die Änderung der Geschäftsordnung umgesetzt haben, die sie jetzt bei der Konstituierung des neuen Landtags am 27. 9. beantragen wollten. Dann hätten sie das unwürdige Geschachere mit dem Alterspräsidenten von der AfD um die Tagesordnung und die Wahl des neuen Landtagspräsidenten vermeiden können.
Hans-Peter Piepho, Ostfildern
„Marke“ Wagenknecht
wochentaz vom 28. 9. 24
Vielen Dank an Dominic Johnson für seine brillante Kolumne, die mein eigenes Unbehagen an der „Marke“ Sahra Wagenknecht auf den Punkt bringt. Ein Unbehagen, das ich seit vielen Jahren verspüre, in denen ich mich mit Frau Wagenknecht und ihrer rein destruktiven Politik intensiv beschäftigt habe. Sie ist in meinen Augen eine Rechts-links-Populistin reinsten Wassers, die mutwillig Die Linke zerstört hat, um in für sie typischer Selbstbezogenheit und in überbordendem Narzissmus ihre eigene Partei zu gründen. Streng nach dem Top-Bottom-Prinzip, auf das ihr ja niemand widerspricht, wie das in der Linken gelegentlich noch der Fall war. Wie Dominic Johnson überzeugend ausarbeitet, hat das BSW die größten politischen Schnittmengen mit der AfD. Dass der rechtsextreme Verleger Jürgen Elsässer Frau W. zur „besten Kanzlerin“ erkoren und auf das Titelbild seines unsäglichen Compact-Magazins gesetzt hat, sollte auch all jene nachdenklich stimmen, die Frau W.s plumper und einseitiger Friedensrhetorik zugunsten Putins allzu bereitwillig auf den Leim gehen.
In den vielen Jahren, in denen sie in der medialen Öffentlichkeit steht, hat sie nie Politik gestaltet, sondern immer nur von der Seitenlinie aus rein destruktiv kommentiert – zum Beispiel im wohltemperierten Fernsehstudio. Hier trifft auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen eine Mitschuld, das ihr nur allzu gerne ein Forum bietet – sorgt sie doch für eine stets gute Einschaltquote. Um es auf den Punkt zu bringen: Für alle, die die eigene linke Haltung ernst nehmen, sollte das BSW angesichts seiner Frontfrau ebenso wie aufgrund seiner kruden Programmatik nicht wählbar sein! Hans-Ulrich Kramer, Leinfelden-Echterdingen
Lieber BSW statt AfD
wochentaz vom 28. 9. 24
Will der Autor das BSW und seine Wähler wirklich in die Arme der AfD treiben? Persönlich bin ich über jeden und jede froh, die BSW statt AfD gewählt hat. Schon deshalb, weil Feindseligkeit gegenüber Flüchtlingen menschlich schlimm und gesellschaftlich dumm ist, aber die Absicht der AgD (Alternative gegen Deutschland), Millionen von Ausländern, eingebürgerten Deutschen und Deutschen aus binationalen Ehen rauszuschmeißen, ist ein sicheres Rezept für einen Bürgerkrieg. Glaubt der Autor wirklich, dass vorgezogene Neuwahlen zu wesentlich anderen Ergebnissen führen können, solange das BSW seine vermutete Unfähigkeit oder Unwilligkeit, Regierungsverantwortung in diesen Bundesländern zu übernehmen, noch nicht bewiesen hat?
Sergio Parimbelli, Berlin
Trump-Stil
wochentaz vom 28. 9. 24
Ich bin entsetzt über den Artikel. Das ist bester Bild-Zeitungs oder Trump-Stil und sollte in einer linksliberalen Tageszeitung eigentlich verpönt sein. Damit wir uns nicht missverstehen, ich finde es vollkommen legitim, die BSW-Aktivitäten kritisch zu hinterfragen und zu beleuchten, doch bitte nicht in dieser Hetztirade. Das sollten Sie den Kollegen vom Springer Verlag überlassen. Zuspitzungen und Polemik okay, Aber die Gleichsetzung mit der AfD sollten aufgeklärter und differenzierter berichtet und bewertet werden.
G. Henning Lauermann, Hamburg
Kritischer Geist
wochentaz vom 28. 9. 24
Dominic Johnsons Artikel ist Labsal für den kritischen Geist, den es unter den Altachtundsechzigern auch noch gibt. Wenn man die Kamerafahrten ins Publikum, bei der TV Dokumentation von Wagenknecht Veranstaltungen, auf sich wirken lässt, erkennt man vertraute Gesichtszüge, die ausnahmslos alle nicht in der Waschkaue sondern im Weichbild der Universitäten alt wurden. Nach Nicaragua haben sie es damals nicht geschafft, da mussten sie an der Karriere schrauben, aber jetzt – kurz vor Friedhof – noch mal Aufstand machen mit Sahra, das bringt doch Leben in die schlaffen Glieder.
Klaus-Joachim Heuser, Gütersloh
Repräsentationslücke
wochentaz vom 28. 9. 24
Anders als Dominic Johnson empfinde ich Sahra Wagenknecht als ausgesprochen konstruktiv: Sie hat es geschafft, eine Partei zu gründen, die spontan ins Europaparlament eingezogen ist und in drei ostdeutschen Ländern zweistellige Werte erreicht hat. Offenbar trifft ihre These von der Repräsentationslücke in der deutschen Politik zu, und das BSW scheint diese Lücke zu füllen. Talkshows schaue ich mir nur noch an, wenn Wagenknecht den Deutschen „die Welt“ erklärt, wie Johnson schreibt, alles andere ist einfach zu öde, von Kiesewetter über Hofreiter, Strack-Zimmermann bis Kühnert.
Wagenknecht und das BSW mischen die deutsche Politik auf, das gefällt vielen, die jüngste Wahlbeteiligung war erheblich höher als sonst. Dass Wagenknecht es so lange bei der Linken ausgehalten hat, in der sie permanent angefeindet wurde, finde ich respektabel, sie hat sich damals aber auch einen Burn-out eingefangen. Zur inhaltlichen Kritik an den Linken hat sie sogar einen Bestseller geschrieben: „Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm – für Gemeinsinn und Zusammenhalt“, es hat nichts genützt, die Vorturner der Linken blieben auf ihrem selbstzerstörerischen Kurs.
Die Linke war mit ihrer Anpassung an die Politik der Grünen auf dem absteigenden Ast und fuhr bei der letzten Bundestagswahl magere 4,9 Prozent ein. Manche führten das auf Wagenknecht zurück und stellten Ausschlussanträge. Nun ist Wagenknecht weg, aber anders als viele in der Linken hofften, gewann die Linke keine neue Statur, trotz Carola Rackete als Spitzenkandidatin bei der Europawahl. Ich wünsche dem BSW alles Gute für die Bundestagswahlen im nächsten Jahr.
Walter Ruffler, Bremen
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