Werbeverträge beim College-Sport: Einnahmen werden umverteilt

Der College-Sport in den USA löst sich vom Amateurismus. Für einige olympische Sportarten schafft das enorme Probleme.

US-College-Turnerinnen feiern auf der Straße ihren Meistertitel

College-Turnerinnen feiern ihre NCAA-Meisterschaft in Baton Rouge/Louisiana Foto: ZUMA Press Wire/Imago

Bei den Olympischen Spielen in Paris zeigte sich einmal mehr, dass deutsche Sportlerinnen und Sportler von den Trainingsbedingungen in den USA profitieren. Besonders in der Leichtathletik zieht es viele ins Ausland, darunter ist auch der Zehnkampf-Silbermedaillengewinner Leo Neugebauer. Das amerikanische Fördersystem im College-Sport unterstützt Athletinnen und Athleten nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch auf ihrem Weg zur Weltspitze. Doch genau dieses erfolgreiche System könnte bald ins Wanken geraten.

Viele internationale Athletinnen und Athleten verlagern ihr Training in die USA: Hochschulen bieten großzügige Stipendien, es gibt eine optimale Verzahnung von Studium und Sport, und die Trainingsanlagen zählen zu den besten der Welt. Doch das College-Sportsystem erlebt momentan eine tiefgreifende Veränderung. Seit zwei Jahren sorgt der sogenannte NIL-Deal (Name, Image, Likeness) dafür, dass amerikanische College-Sportler und -sportlerinnen die Möglichkeit haben, durch Sponsoren- und Werbeverträge Geld zu verdienen – und das in beträchtlichen Summen. Der Amateurstatus, der lange Zeit als unantastbar galt, wurde damit aufgebrochen.

„Das ist hier ganz groß im Kommen“, meint auch der deutsche Zehnkämpfer Till Steinforth, der in den USA studiert. Für internationale Sportler gilt der NIL-Deal nicht, aber Steinforth erzählt, wie stark das Angebot an seiner Universität in Nebraska bereits genutzt wird: „Das wird hier vor allem im Football stark verwendet, um neue Athleten an die Uni zu locken, indem man sagt, wir haben hier schon einen One-Million-Dollar-Vertrag für dich.“

Der NIL-Deal bildet die Grundlage für ein weiteres Modell, das ebenfalls für große Veränderungen sorgen könnte: das sogenannte Revenue Sharing. Was im ersten Moment kompliziert klingt, ist im Grunde ein einfaches Prinzip, das bereits im US-Profisport etabliert ist. Große Vereine, die enorme Summen einnehmen, geben einen Teil ihrer Erlöse ab, um kleinere Vereine zu unterstützen. So bleibt das finanzielle Gleichgewicht in den Ligen erhalten.

Till Steinforth, deutscher Zehnkämpfer in den USA

„Das wird hier vor allem im Football stark verwendet, um neue Athleten an die Uni zu locken.“

Da der College-Sport in den USA ein Milliardengeschäft ist, wurden Stimmen laut, dass Sportler und Sportlerinnen stärker beteiligt werden sollten. Zukünftig sollen diese deswegen an den Einnahmen ihrer Universität beteiligt werden, die durch TV-Verträge und Veranstaltungen erzielt werden und damit über den Wert des Stipendiums hinausgehen.

Ein Beispiel: Angenommen, ein Sportler hat ein Stipendium im Wert von 1.000 Euro. Die Universität verdient jedoch durch Werbung und TV-Verträge 2.000 Euro. Der Sportler würde dann 50 Prozent der Differenz, also 500 Euro, zusätzlich zum Stipendium bekommen. Und genauso läuft es im College Sport – mit etwas höheren Summen. Ab dem folgenden Jahr können Universitäten bis zu 20 Millionen Dollar an Gehältern an ihre Sport-Studenten aufteilen.

Das Problem dabei: Früher flossen die Einnahmen aus den beiden bestverdienenden Sportarten Football und Basketball in die Förderung der kleineren Disziplinen. „Dieses System bricht gerade komplett auf“, meint Gründer der Stipendienvermittlungsagentur scholarbook, Simon Stützel. Wenn Footballspieler nun große Summen verdienen, könnte dies bedeuten, dass die Unterstützung für weniger lukrative Sportarten abnimmt. Stützel fragt sich, „ob es dazu führt, dass wir in ein System kommen wie im Fußball in Europa, dass der College-Sport in den Sportarten, die kein Geld verdienen, nicht mehr so gefördert wird“. Leichtathletik, eine der Sportarten, die traditionell auf breitere finanzielle Unterstützung angewiesen ist, könnte dann besonders leiden. Und, so die Gefahr, ohnehin große Sportarten wie Football und Basketball würden noch lukrativer werden.

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