Doch nicht mehr Geld für Busfahrer

Schleswig-Holstein fehlt Geld für den öffentlichen Nahverkehr. Im Tarifstreit droht Ver.di nun mit Streiks bei Busunternehmen

Tarifvertrag wieder passé: Busfahrer könnten nun wieder streiken, wie hier zuletzt im Februar in Kiel Foto: Petra Nowack/imago

Von Esther Geißlinger

Die Tarifverhandlungen zwischen dem Omnibusverband Nord (OVN), der die privaten Busunternehmen in Schleswig-Holstein und Hamburg vertritt, und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sind erst einmal gescheitert: Nachdem der OVN einen Kompromissvorschlag in letzter Minute ablehnte, spricht Ver.di von einem „unglaublichem Vorgang“ und droht mit Streiks. Hinter dem Konflikt stecken die Finanzprobleme des Landes: Das Verkehrsministerium friert die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr ein.

Mehr Gehalt für Bus­fah­re­r:in­nen und anderes Personal und Inflationsausgleich – der Kompromiss zwischen Omnibusverband und Gewerkschaft schien gesichert. Das Ergebnis sei nicht einfach, aber immerhin gehe die Lohnrunde ohne Streik zu Ende, hieß es auf der Homepage des OVN – im Frühjahr hatte Ver.di die Verhandlungen mit Streiks begleitet. Doch am Montag teilte der Verband mit, er „zieht die Notbremse“.

Die Schuld am geplatzten Tarifabschluss sieht der OVN-Vorsitzende Klaus Schmidt beim Land und den Kommunen: „Wir bedauern sehr, dass es uns nicht gelungen ist, in unseren Gesprächen mit Landräten und Ministerium Preismechanismen zu verankern, die die Kostenentwicklung real abbildet.“ Denn obwohl die Verhandlungen zwischen Verband und Gewerkschaft stattfinden, hängt die Finanzierung an den Landkreisen und Städten, die die Unternehmen beauftragen. Als Grundlage gelte ein „inzwischen völlig dysfunktionaler bundesweiter Kostenindex“, kritisiert Schmidt.

Die Kommunen schieben den Schwarzen Peter weiter: „Es zeigt sich, dass Bund und Länder offenbar nicht ausreichend Vorsorge betrieben haben, um Bahn- und Busverkehr zu einer echten Alternative zum Auto zu machen“, sagte Sönke Schulz, geschäftsführender Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages, bereits im August. Damals hatte das Land verkündet, einige wenig genutzte nächtliche Zugverbindungen zu streichen. Zudem war bekannt geworden, dass Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) die Kommunalisierungsmittel einfrieren will. Es geht um 82 Millionen Euro, die das den Kommunen für den Busverkehr zahlt. Bisher stieg diese Summe jährlich. Um die leeren Landeskassen zu entlasten, soll sie nun auf dem Niveau von 2024 bleiben.

Damit sei es also gar keine „Kürzung im Bestand“, es falle nur der Zuwachs weg, betont Verkehrsstaatssekretär Tobias von der Heiden (CDU) auf taz-Anfrage. Das Land zahle weiter „kräftig“ in die Mobilitätswende ein, etwa beim Modellprojekt „Smile“ in der Schlei-Region, bei dem unter anderem Ruf-Busse oder kommunales Carsharing getestet werden. Zudem setzen sich Schleswig-Holstein beim Bund dafür ein, dass die Zuschüsse für die Bahn steigen. Rund 50 Millionen Euro bräuchte das Land zusätzlich.

„Das ist die härteste Kampfansage, die einArbeitgeberverband machen kann“

Sascha Bähring, Ver.di Nord

Die Kritik des Omnibusverbands, von der Streichliste des Landes überrascht worden zu sein, weist der Staatssekretär zurück. Die Diskussion laufe bereits länger, das Einfrieren der Mittel sei bekannt gewesen, so von der Heiden. Es läge bei den Kommunen zu entscheiden, ob sie fehlende Landesmittel ausgleichen oder Leistungen abbestellen wollten.

Die Gewerkschaft sieht die Hauptschuld beim Omnibusverband, der den Kompromiss „ohne Vorwarnung am letzten Tag der Erklärungsfrist“ zurückgenommen habe: „Das ist die härteste Kampfansage, die ein Arbeitgeberverband nur machen kann und wird entsprechend beantwortet werden“, erklärte Sascha Bähring, Verhandlungsführer von Ver.di Nord. Welche Maßnahmen die Gewerkschaft ergreife, werde nun in den Gremien beraten.