Für mehr urbane Lässigkeit

Einfach mal in die Spree springen? Die Initiative für ein Flussbad Berlin hat dafür Kunstwerke versteigern lassen

Von Sophie Jung

Die bekannteste Badehose der Kunstgeschichte wurde jetzt versteigert. Ein knappes Teil ist das, rot, Adidas-Streifen. Der Bund ist gelöst, das Höschen zerknittert. Als hätte es sich jemand nach einem Sprung in – ja, worein? – den Berliner Spreekanal hastig abgestreift. Schlüpfrig ist Wolfgang Tillmans’ Fotografie von 1994, vieldeutig mit „Faltenwurf“ betitelt.

Das letzte verfügbare Exemplar auf dem Markt kam am Donnerstagabend für 7.500 Euro unter den Hammer. Das mag eine große Summe sein für einen DIN-A4-großen Fotoprint, war auch eine der höchsten an diesem Abend. Die Initiative für ein Flussbad Berlin hatte 50 Kunstwerke versteigern lassen, angefertigt und gespendet von Künst­ler:in­nen und Architekt:innen, die alle in Berlin leben oder arbeiten. Der Erlös ist für einen gemeinnützigen Zweck. Er soll in ein Webprogramm zur Messung der Wasserqualität in der Spree fließen. Auf dass man sich bei guten Messwerten einfach selbst dazu ermutigt fühlt, in den Fluss zu springen, vielleicht in Zukunft, und dabei der in den letzten Jahrzehnten so erstarrten Berliner Mitte mit ihrem rekonstruierten Stadtschloss wieder etwas mehr urbane Lässigkeit zurückzugeben.

Auch die ehemalige Senatsbaudirektorin gab ein Aquarell zur Auktion

Gemessen an der Prominenz vieler Künst­le­r:in­nen hielten sich die Gebote jedoch in Grenzen. Die Farbstreifen einer Katharina Grosse erzielten 2.500 Euro. Ein Vogelhaus von Graft Architects, die sonst etwa in der georgischen Hauptstadt Tiflis mit glasglitzernden Megaprojekten auffahren, verkaufte sich für 300 Euro. Berlin mag die Stadt der Künst­le­r:in­nen sein, aber die des Kunstmarkts ist sie nicht.

Schwimmen in der Spree vorbei an der Museumsinsel, den öffentlichen Raum aneignen und dafür Gelder mit einer Kunstauktion sammeln – das klingt nach Stadt von unten. Doch dieser Abend versammelte vielmehr die Player der Stadtentwicklung, ob sie nun wie das Architekturbüro Sauerbruch Hutton die Europacity mitplanten oder wie Wolfgang Tillmans als Bauherr auftreten. Auch Regula Lüscher, die ehemalige Senatsbaudirektorin, gab ein Aquarell zur Auktion. „Das Projekt Flussbad ist weiterhin ein Vorhaben, das die Mitte zumindest in die Gegenwart katapultieren könnte“, lässt sie sich zitieren, wohl auch in Richtung ihrer Nachfolgerin Petra Kahlfeldt, einer Vertreterin der historischen Mitte Berlins. Wollen die Menschen wie in Basel im Rhein schwimmen, in Badehose oder Bikini durch die Stadt laufen, muss Politik gemacht werden – wie auf dieser Auktion. Und es braucht Kapital, das verdammte.