ZSK-Frontmann Joshi über Rechte: „Schwer, da ruhig zu bleiben“

Die Punkband ZSK spielt vor der Wahl ein Konzert in Brandenburg. Sänger Joshi über das Engagement der Band und seine Sorge vor einer AfD-Machtübernahme.

Yoshi, Sänger von ZSK, steht bei einer Demo mit erhobenen Armen auf einem Planwagen. In der rechten Hand hält er ein Mikrofon. Im Vordergrund ist ein Schild mit der Aufschrift "Kein Platz für Nazis" zu lesen

Vorsänger gegen rechts: ZSK-Frontmann Joshi singt bei der Demonstration gegen den AfD-Bundesparteitag Ende Juni in Essen Foto: Markus Matzel/imago

taz: Joshi, warum spielen Sie am Vorabend der brandenburgischen Landtagswahl in Potsdam?

Joshi ist der Sänger von ZSK. Die ursprünglich aus Göttingen stammende Punkband gab ihr erstes Konzert im Dezember 1996. Inzwischen füllt sie bundesweit Konzerthallen. In Zusammenarbeit mit anderen Bands wie den Ärzten initiierte ZSK ab 2007 das Projekt „Kein Bock auf Nazis“.

Joshi: Wir wollen ein großes Fest des Widerstands feiern. Alle Menschen aus der Zivilgesellschaft sind eingeladen, sich wohl zu fühlen, Kraft zu tanken und gestärkt aus diesem Tag hervorzugehen. Denn die nächsten Monate und Jahre werden wirklich sehr hart. Wir hoffen natürlich auch, dass diese Veranstaltung Menschen motiviert, demokratisch wählen zu gehen. Und wir wollen, dass sich zum Beispiel in München jemand darüber freut, dass in Potsdam so ein tolles Event war! Im Februar habe ich selbst die Demos gegen rechts in Hamburg, München und anderswo verfolgt. Das macht mir jedes Mal Mut, wenn man erlebt, dass man nicht allein auf verlorenem Posten steht.

taz: ZSK tritt mit Madsen und den Sportfreunden Stiller auf. Warum drei westdeutsche Bands?

Joshi: Wir leben seit 20 Jahren in Berlin. Und die Unterscheidung zwischen Ost und West finde ich überholt. Wir sitzen da alle im gleichen Boot. Mir ist egal, woher jemand kommt – wer an diesem Tag ein Zeichen für Demokratie setzen will, ist willkommen.

taz: Es hätte doch aber sicher auch weitere Bands fürs Line-up gegeben?

Joshi: Klar, aber die Terminkalender sind oft voll. Ich sehe das so: Es gibt ein paar Bands, beispielsweise Feine Sahne Fischfilet und uns, die bei Konzerten gegen rechts immer ganz vorne dabei sind. Aber es wäre toll, wenn wir das bald auf mehr Schultern verteilen könnten. Stellt euch mal vor, 20 coole große deutsche Bands aus allen möglichen Genres würden sagen: Wir spielen zweimal im Jahr in kleinen Orten, in denen die Leute Unterstützung brauchen. Das wäre großartig!

taz: Wie hat sich die von Ihnen gestartete Initiative „Kein Bock auf Nazis“ seit 2006 entwickelt?

Joshi: Damals war das noch eine kleine Sache, die wir als Band so nebenbei gemacht haben. Eigentlich haben wir immer nur investiert, weil wir es wichtig fanden (lacht). Heute ist das eine große Kampagne mit jährlich über 100 Infoständen bei Veranstaltungen, etwa bei Rock im Park oder auf Tour mit den Toten Hosen und den Ärzten. Wir haben acht feste Mitarbeiter und können wirklich etwas bewegen. Im Vergleich zu NGOs wie Sea Watch oder Greenpeace sind wir natürlich nur ein winziges Sandkorn, aber wir erreichen viele Menschen.

taz: Die politische Lage ist heute sehr viel ernster als bei der Gründung, oder?

Joshi: Definitiv. Noch nie war die Demokratie in Deutschland so bedroht. Dass rechtsextreme Parteien Landtagswahlen gewinnen, ist ein historischer Tiefpunkt. Vielleicht kommt am Sonntag mit Brandenburg ein weiteres Bundesland hinzu. Das könnte eine Zäsur sein. Es fällt mir schwer, da ruhig und gelassen zu bleiben. Ich könnte jeden Tag schreien. Aber statt zu resignieren, sage ich: jetzt erst recht! Wir überlassen denen nicht das Feld.

taz: Haben Sie Ihre Strategie im Lauf der vergangenen Jahre angepasst?

Joshi: Ja, wir warnen nicht mehr nur vor der AfD. Wer sie jetzt bei der Landtagswahl noch wählt, tut das bewusst: nicht obwohl, sondern weil sie rassistisch ist. Unser Fokus liegt jetzt darauf, engagierte Menschen zu unterstützen, die weiter für Demokratie und Menschenrechte kämpfen.

taz: Wie sieht diese Unterstützung konkret aus?

Joshi: Wir versenden Tausende Aktionspakete kostenlos an Jugendzentren in ganz Deutschland und an Engagierte, die sich darüber freuen. Wir haben mehr als 1,5 Millionen Flyer, Sticker, Poster und so weiter gedruckt. Am Ende kannst du sagen: Ja, lächerlich. Ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber wir haben es wenigstens versucht. Selbst wenn wir nur geholfen haben, dass all diese coolen alternativen Projekte in den betroffenen Bundesländern die nächsten Jahre durchhalten und einen langen Atem behalten, allein dann hat sich das alles gelohnt.

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taz: Hatten Sie schon mal mit rechten Sympathisanten im Publikum zu tun?

Joshi: Wir haben neulich auf einem kleinen Dorffestival gespielt und da kam jemand im Punkshirt zum Merchandise und meinte, unser Konzert sei super gewesen. Er wollte mir aber auch sagen, dass er unseren Hass auf die AfD nicht versteht. Das wäre ja übertrieben. Ich habe ihn dann gefragt: Was meinst du, was passiert, wenn in diesem Land Faschisten an die Macht kommen? Meinst du, die sagen dann zu ihren Gegnern: Schon gut, macht ruhig weiter. Nein, Mann!

Die Initiative „Kein Bock auf Nazis“ und das Netzwerk „Brücken statt Gräben“ rufen zur Großkundgebung auf dem Potsdamer Luisenplatz am Samstag um 14 Uhr auf. Laut eigener Aussage „mit Foodtrucks, Redebeiträgen, Infoständen, Hüpfburg, Kinderbands & tollen Menschen“. Es soll das zentrale Großevent der Zivilgesellschaft vor der Wahl werden. Die Livekonzerte starten am Abend. Angekündigt sind neben ZSK unter anderem die Bands Madsen, Sportfreunde Stiller und Haszcara.

taz: Was befürchten Sie im Fall einer AfD-Landesregierung?

Joshi: Ich habe auf der Bühne gesagt, dass es keine Festivals wie dieses mehr gäbe, wenn die AfD es allein bestimmen könnte, und dass viele ehrenamtliche Helfer wahrscheinlich im Gefängnis wären. Man muss das doch mal zu Ende denken, bis in fünf oder zehn Jahren. Viele wollen nicht kapieren, was eine AfD-Regierung für ihr Leben bedeuten würde, wenn die wirklich alles in diesem Land entscheiden könnten. Die hören zu Hause vielleicht die Toten Hosen im Radio und finden das cool. Aber wenn die AfD das könnte, wären die Toten Hosen im Radio wahrscheinlich verboten, weil sie Gegner dieser Partei sind!

taz: Was hat sich im Kampf gegen rechts verändert?

Joshi: Die Welt ist komplexer geworden, und einfache Antworten sind verlockend. Es ist auch ein Problem der radikalen Linken, dass wir auf viele brennende Fragen dieser Welt keine oder nur sehr schwer vermittelbare Antworten haben. Uns geht es darum, dass alle Menschen in Frieden leben können.

Als Rechter ist dir das scheißegal. Du hast ein sehr enges Feld an Leuten, die dich interessieren. Alle anderen sind dir gleichgültig. So macht man sich die Welt schön einfach.

taz: Kann Punkrock noch etwas bewirken?

Joshi: Auf jeden Fall! Wir sind für viele Leute der Soundtrack für ihr politisches Engagement. Unsere Musik gibt ihnen Kraft. Ich habe zum Beispiel auf dem Bundesparteitag der AfD in Essen ein kurzes Akustikset auf einem Lautsprecherwagen gespielt, und viele Menschen haben mir später gesagt, wie sehr sie das motiviert hat. Dabei kam ich mir fast lächerlich vor, dass ich nur so wenig mache, dass ich nicht etwa mithelfe, die Straße zu blockieren. Bands wie The Clash oder Rage Against The Machine waren der Soundtrack von Protestbewegungen. Musik kann Menschen verbinden und Mut machen.

taz:Die Kids sind okay“, singen Sie auf Ihrem aktuellen Album. Die meisten Erstwählenden in Thüringen und Sachsen stimmten aber für die AfD. Haben Sie sich geirrt?

Joshi: Bei unseren Fans auf jeden Fall nicht. Wir haben das große Glück, dass bei uns immer wieder junge Fans nachwachsen, die mega engagiert sind: ob bei Ende Gelände, Fridays for Future oder in einer Antifa-Gruppe. Die schreiben uns oft, dass sie durch uns Demos oder Konzerte gegen rechts organisieren. Das gibt mir Hoffnung. Natürlich ist das nur ein winziger Bruchteil der jungen Leute in Deutschland. Keine Frage, wir sind nicht Nina Chuba oder die 187 Strassenbande. Oder gar Taylor Swift.

taz: Sie wollen doch überzeugen?

Joshi: Ich bin in erster Linie Musiker und in zweiter Linie politischer Aktivist. Ich habe die Musik nicht gewählt, um möglichst viele Menschen zu erreichen, sondern weil Punkrock live eine geile Sache ist. Dass wir damit nie den Mainstream erreichen können, ist uns völlig klar. Aber ich kann von der Musik leben, Menschen bewegen, und das ist wunderschön.

taz: Befürchten Sie Übergriffe beim Konzert?

Joshi: In Potsdam nicht. Das ist eine stabile Stadt mit vielen tollen Menschen. Bei anderen Konzerten, wie demnächst in Sonneberg, kann das anders sein, da gibt es spezielle Sicherheitsvorkehrungen. Aber in Potsdam wird es ein Riesenfest der Freude – mit Hüpfburg und Kinderbands. Für alle, die stabil bleiben wollen, ist was dabei. Kommt rum!

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