Filiz Polat prescht voran: Entwaffnender Vorschlag

Die Grünen-Politikerin hält AfD-Mitglieder für „waffenrechtlich unzuverlässig“. Sie beruft sich dabei auf die Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen.

Ein Polizeibeamter legt mit einer Waffe an

Das hier ist zum Glück kein AfD-Mitglied, sondern ein Polizeibeamter Foto: Jens Büttner/dpa

Filiz Polat, die Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Osnabrück, hat angeregt, AfD-Mitgliedern die Waffen wegzunehmen. Einfach nur Mitglied zu sein, reiche dafür aus, meint Polat: „Mitgliedern einer Partei, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall für verfassungsfeindliche Bestrebungen eingestuft wird, kann oder muss meiner Meinung nach sogar eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zugeschrieben werden.“ Der Entzug der Waffenbesitzkarte sei die logische Konsequenz.

Polat beruft sich auf das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht, dass im Sommer einen Eilantrag zweier AfD-Mitglieder gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen hat. Dieses hatte es für rechtens befunden, dass die Behörden den beiden ihre bereits erteilte Erlaubnis zum Führen von Schusswaffen widerrief. „Die Kläger, ein Ehepaar, sind damit zugleich verpflichtet, die in ihrem Besitz befindlichen erlaubnispflichtigen Schusswaffen und gleichgestellten Waffenteile (in einem Fall 197, im anderen Fall 27 Stück) und zugehörige Munition abzugeben oder zu vernichten“, heißt es in dem Urteil des Verwaltungsgerichts aus dem Juni dieses Jahres.

Als Begründung stellte das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Zusammenhang zwischen der „waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit“ und der Mitgliedschaft in einer Partei her, die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft wird. Das eine führe „regelmäßig“ zum anderen.

Doch ist dieser Zusammenhang wirklich so klar? Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt kam 2023 zum gegenteiligen Schluss. Aus der Parteimitgliedschaft des Antragstellers, der für die AfD im Kreisvorstand und im Stadtrat saß, könne nicht auf „waffenrechtliche Unzuverlässigkeit“ geschlossen worden, schließlich sei die AfD ja bisher nur ein „Verdachtsfall“.

Reichsbürger und SA-Trupps

Für Niedersachsen gibt es noch kein Urteil, aber es könnte natürlich dazu kommen, wenn einem AfD-Mitglied der Waffenbesitzschein entzogen wird, weil es AfD-Mitglied ist, und es dann dagegen klagt. Die Schönheit des Vorstoßes von Filiz Polat liegt ja schon darin, dass er, indem er Waffen und die AfD in einem Atemzug nennt, Assoziationsketten auslöst: Zu Reichsbürgergruppen, die den bewaffneten Umsturz planen, und zu SA-Trupps in der Nazi-Zeit, die ebenfalls zu den Waffen griffen und deren Parolen von AfD-Politikern zitiert werden.

Ob die fraglichen AfD-Mitglieder ihre Waffen tatsächlich für ihre politischen Ziele einsetzen würden, ob sie nur Haus und Hof gegen Ein­wan­de­r*in­nen verteidigen wollen oder ob sie vielleicht doch nur Sportschützen oder Jäger sind, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ihnen im großen Stil die Waffen zu entziehen, wäre auch gar nicht so einfach, denn die Waffenbesitzkarten werden in Niedersachsen von den Landkreisen und kreisfreien Städten ausgestellt. Statt wie früher 99 sind seit diesem Jahr nur noch 47 Kommunen zuständig, die aber mitziehen müssten. Und woher will man wissen, welcher Waffenbesitzer in welcher Partei ist?

Es könnte also sein, dass aus dem Vorschlag von Filiz Polat erst mal nicht viel folgt. Aber es ist auf jeden Fall gut, dass wir darüber geredet haben. Daniel Wiese

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