berliner szenen: Verfluchte Fahrrad-diebe
Wie in der Kindheit stellt sich beim Anblick der Berlin-Schilder gleich ein Zuhausegefühl ein. Am meisten freue ich mich auf Kleingarten, Schlauchboot und Fahrrad. Gleich am ersten Abend verabrede ich mich zum Grillen. Als ich am Garten ankomme, klappt mir der Kiefer runter. Nicht aus Bewunderung für die vielen Blüten, die Himbeeren oder die Tomaten. Sondern aus Entsetzen über den Anblick meines Fahrrads: Ihm fehlen Sattel und Sattelstange. Gerade erst schien es zwischen mir und dem Rad zum Happy End gekommen zu sein. Vor anderthalb Jahren war es nach gerade vier Monaten gestohlen worden. Ein Jahr später meldete das Fundbüro, sie hätten ein Rad erhalten, das nicht nur dem als gestohlen gemeldeten Modell entspräche, sondern auch sonst alle angegebenen Eigenheiten aufweise.
Vor Ort war ich doch nicht sicher, ob es sich bei dem Rad um meins handelte: Es hatte zwar tatsächlich die gleichen Schrammen, aber auch einen verbogenen Korb, Rostspuren und, was mich am meisten irritierte, eine Schlosshalterung, die ich nicht hatte anbringen lassen. Die Mitarbeiterin des Fundbüros musterte mich: „Und? Ist es Ihres?“, und erzählte, es sei unabgeschlossen aufgefunden worden. Ich war unschlüssig. Welcher Dieb würde eine Schlosshalterung für ein geklautes Rad kaufen und es dann nach einem Jahr wieder stehen lassen? Oder eine Halterung für ein spezielles Schloss anbringen und dann einfach vergessen, es zu nutzen? Die Frau im Fundbüro begann zu drängen. Ehe ich antworten konnte, dass ich unsicher sei, rief meine Tochter überzeugt: „Klar ist es ihrs!“ Wenige Minuten später standen wir mit dem Rad vor der Tür.
Jetzt, denke ich, muss ich schon wieder Zeit, Geld und Nerven investieren, ehe es was mit dem Radfahren wird. Ich verfluche alle Fahrraddiebe dieser Stadt.
Eva-Lena Lörzer
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