Sollen CDU und BSW koalieren?: Unvereinbar war gestern

Ein Bündnis mit dem BSW auszuschließen, könnte die CDU wie ein Bumerang treffen. Sie hat keinen Manövrierraum, Neuwahlen würden nur der AfD nutzen.

Dornige Chancen: Eine mögliche „Brombeer-Koalition“ mit der Wagenknecht-Partei stößt bei Vielen in der Union auf Unbehagen Foto: Simon Roberts/plainpicture

Die Stimmen in der CDU, die eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht, wie es sich in Sachsen und Thüringen anbahnt, strikt ablehnen, machen es sich zu leicht. Die Partei sollte, so die Forderung, einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu dem BSW fassen, wie es ihn zu AfD und Linken bereits gibt. Natürlich ist es schwer nachvollziehbar, warum die CDU mit dem BSW, aber nicht mit der Linken zusammenarbeiten darf, wo doch das meiste von dem, für das Wagenknecht steht, der eigentliche Grund für den Unvereinbarkeitsbeschluss war.

Richtig ist auch, dass Wagenknecht vielem von dem, was die CDU im Kern ausmacht, den Kampf angesagt hat. Die Christdemokraten sehen sich – zumindest größtenteils – an der Seite der Ukraine. Sie unterstützen Waffenlieferungen, damit Putin den Krieg nicht gewinnt und damit seinem Imperialismus Einhalt geboten wird. Sie sind für Aufrüstung, stehen Russland kritisch gegenüber und sind überzeugte Transatlantiker. Konrad Adenauers Politik der Westbindung, Helmut Kohls Europapolitik – das ist Teil ihrer DNA.

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Nur: Die Zeiten von Adenauer und Kohl sind lange vorbei, das Parteiensystem und die Machtverhältnisse haben sich verändert, in Ostdeutschland noch schneller und gravierender als im Westen. Darauf muss die CDU eine Antwort finden. Sich hinter alten Gewissheiten zu verschanzen, ist zweifellos keine. Auf die Frage, wie denn unter Ausschluss des BSW in Sachsen und Thüringen eine Regierung gebildet werden soll, haben die Kritiker*innen, die überwiegend aus dem Westen stammen, keine Antwort.

Zudem wird mit einer Landesregierung in Thüringen nicht gleich die deutsche Westbindung fallen. Mit einem neuen Unvereinbarkeitsbeschluss, der unwahrscheinlich ist, würde der jetzt schon extrem kleine Spielraum von Michael Kretschmer in Sachsen und Mario Voigt in Thüringen bei der Regierungsbildung zusätzlich reduziert. Beide Länder könnten unregierbar werden. Nutzen würde das vor allem einer Partei: der AfD, die bei Neuwahlen wohl noch weiter zulegen dürfte.

Den Interpretationsspielraum nutzen

Schon mit dem Unvereinbarkeitsbeschluss zu der Linken hat sich die CDU keinen Gefallen getan. Der Beschluss hat die ohnehin schwierige Lage in Thüringen in den vergangenen Jahren verschärft. Allerdings wäre ohne ihn auch der damals dringend nötige Beschluss gegen die Zusammenarbeit mit der AfD wohl auch nicht möglich gewesen. Jetzt an diese Beschlusslage heranzugehen, könnte die Diskussion um die AfD wieder aufmachen. Pragmatisches Handeln ist jetzt wünschenswert.

Die geltenden Beschlüsse nicht anfassen, auch wenn sie mit Blick auf die Linkspartei, besonders unter Bodo Ramelow in Thüringen, Unsinn sind. Es bleibt Interpreta­tionsspielraum. In Erfurt hat die CDU die rot-rot-grüne Minderheitsregierung schließlich auch jahrelang toleriert.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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