Wahlfälschung in Sachsen: Mit gezinkten Kreuzen

Bei der sächsischen Landtagswahl gab es 130 gefälschte Stimmen für die „Freien Sachsen“. Das LKA ermittelt, der Wahlausschuss prüft Konsequenzen.

Wahlbetrug: Martin Kohlmann, Vorsitzender der Freien Sachsen, gibt sich schmallippig Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Berlin taz | Großspurig hatten die Freien Sachsen den Einzug in den Landtag zum Ziel erklärt, hatten weitflächig plakatiert und gegen Geflüchtete oder Re­gie­rungs­po­li­ti­ke­r:in­nen gehetzt. Am Ende kam die rechtsextreme Kleinpartei aber nur auf 2,2 Prozent der Stimmen und verfehlte die Fünf-Prozent-Hürde deutlich.

Und nun bringt auch eine Wahlfälschung die Freien Sachsen in Misskredit. Nachdem bereits am Montag bekannt wurde, dass es mehrere manipulierte Briefwahlzettel gab, folgten Dienstag weitere Meldungen. Laut Polizei wurden inzwischen 130 gefälschte Stimmzettel festgestellt, neben Dresdner Wahlkreisen nun auch in Wahlbezirken im Kreis Radeberg. Am Dienstag übernahm deshalb das sächsische LKA die Ermittlungen.

Laut der Stadt Dresden waren die Fälschungen bereits beim Auszählen entdeckt worden. Das Wahlamt hatte darauf Anzeige bei der Polizei gestellt. Am Donnerstag will der Kreiswahlausschuss über den Vorfall und das finale Wahlergebnis für Dresden beraten. Die Landeswahlleitung teilt der taz mit, dass auch dort die wahlrechtlichen Konsequenzen geprüft würden. Eine Entscheidung werde wohl auf der Sitzung des Wahlausschusses am 13. September fallen.

Martin Kohlmann, Vorsitzender der Freien Sachsen, gab sich schmallippig. Er wisse nicht, wer für die Aktion verantwortlich sei und sehe keinen Anlass für Konsequenzen, sagte er der taz. Auf ihren Social Media Kanälen nannte es die Partei „Unsinn“, dass sie die Wahl manipuliert habe. Die 2021 gegründeten Freien Sachsen sind ein Sammelbecken für Rechtsextreme, Reichsbürger und Coronaleugner. Auch Aktivisten der „Heimat“, einst NPD, traten bei der Wahl für die Freien Sachsen an. In Kommunalparlamenten hält die Partei bereits rund 110 Mandate, kooperiert dort teils mit der AfD.

Stimmen für die „Freien Sachsen“ kosteten AfD den Sieg

Im Landtagswahlkampf hatten die Freien Sachsen offensiv um AfD-Wähler:innen geworben: Da die AfD ja reichlich Direktmandate gewinnen werde, sei sie nicht auf die Zweitstimme angewiesen. Diese soll man lieber den Freien Sachsen geben. Im Landtag könnten beide Parteien dann „eine Mehrheit gegen die Blockparteien“ bilden.

Die AfD hatte die Kampagne zurückgewiesen und gewarnt, Stimmen für Kleinstparteien zu verschwenden. Am Ende waren die 2,2 Prozent der Freien Sachsen tatsächlich für die AfD die entscheidenden, die ihnen fehlten, um vor der CDU auf dem Spitzenplatz zu landen. Was AfD-Abgeordnete wie Martin Sichert offen beklagten – denn so sei auch eine Sperrminorität für Verfassungsänderungen verhindert worden.

Die AfD kündigte am Dienstag zudem an, ein Prüfverfahren einzuleiten, nachdem die Landeswahlleitung der Partei und der CDU je einen Sitz im Landtag wieder aberkannt hatte. Die Landeswahlleitung hatte einen Softwarefehler angeführt, der zu einer falschen Sitzverteilung geführt habe. „Wir wollen haargenau wissen, was genau schief gelaufen ist“, sagte AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban. Bei Unregelmäßigkeiten werde man juristische Schritte einleiten.

Derweil beschloss der sächsische CDU-Landesvorstand inzwischen, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), der SPD und den Grünen zeitnah Gespräche für Sondierungen anzubieten. Nach der Wahl zeichnet sich eine Koalition der CDU mit BSW und SPD ab. Sowohl bei den sächsischen Konservativen als auch der SPD gibt es aber auch einige Bedenken gegen die Wagenknecht-Partei.

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