berliner szenen: Die verwirrende Handtasche
Es ist voll im Biergarten, also suche ich einen Platz im Schatten während A. sich schon mal in die Schlange stellt. Auf meinen spähenden Wegen fällt mir ein Tisch ins Auge, auf dem zwei verlassene Biergläser stehen. Eine Handtasche hängt über einem Stuhl. Sie ist klein und schwarz und ihr Anblick verwirrt mich. Ist der Tisch also besetzt? Aber wer lässt ausgerechnet die Handtasche als Platzhalter hängen? Oder wurde sie vergessen? Ich sehe an die Nebentische, aber die Leute sehen alle weg. Seltsam denke ich. Grade, als ich überlege, die Tasche beim Ausschank abzugeben, kommt eine Frau in einem gestreiften T-Shirt auf mich zu. „Gehört Ihnen die Tasche?“, fragt sie etwas streng.„Nein, ich wollte sie vorn abgeben,“ erkläre ich mich und komme mir vor, als wäre ich ertappt worden, sie womöglich zu klauen.
Die Frau guckt mich durch ihre Brille an und sagt: „Wir beobachten das, mein Mann und ich.“ Sie zeigt auf einen Tisch unweit an dem ein Mann in einem gelben T-Shirt sitzt und zu uns herübersieht. „Wir warten noch ab, ob die Besitzerin wiederkommt, sonst geben wir sie ab.“
„Ach, das ist gut, wenn Sie sich kümmern“, sage ich. „Dann muss ich nichts machen.“
„Nein“, sagt die Frau bestimmt, „wir passen auf.“
A. kommt mit zwei Alster wieder, wir finden einen Tisch und ich raune ihm zu: „Gut, dass sich noch andere für eine damenlose Tasche verantwortlich fühlen, aber ich will die beiden da hinten trotzdem im Auge behalten.“ A. sagt „Kein Problem“, und stellt seinen Stuhl direkt neben mich in Blickrichtung zu den beiden. Die gucken zu uns herüber. „Nicht so auffällig“, kichere ich. Er rutscht wieder an den Tisch und wir unterhalten uns. Als wir das nächste Mal hochsehen, sind sowohl die Aufpasser als auch die Tasche weg. Und ich kann nur hoffen, dass alles gut ausgegangen ist. Isobel Markus
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