Proteste in Nigeria: Straßenschlachten, Tote und Bomben

Der erste Tag geplanter Massenproteste in Nigeria gegen die Regierung artet in Gewalt aus. Die Polizei setzt Schusswaffen ein, es gibt Plünderungen.

Eine Frau protestiert wegen des Hungers in Lagos Foto: Sunday Alamba/dpa

ABUJA taz | Die landesweiten Proteste in Nigeria am 1. August gegen die Regierung von Präsident Bola Tinubu sind im Blutvergießen geendet. Mindestens 19 Menschen starben bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften bis Donnerstag abend. Mehrere Polizeistationen wurden verwüstet und es wird von Versuchen berichtet, staatliche Gebäude zu stürmen.

Die Proteste richteten sich gegen die rapide steigenden Lebenshaltungskosten und die zunehmende Korruption in Afrikas bevölkerungsreichsten Land. Unter Parolen wie „End Bad Governance“ und „Tinubu Must Go“ wollen die Jugendgruppen bis 10. August weitermachen. Auf den Demonstrationen gab es auch Rufe nach Wahlreformen und einer Senkung der Strom- und Treibstoffpreise.

Nicht nur in der Hauptstadt Abuja gingen Menschen auf die Straße, auch in anderen großen Städten im ganzen Land: Benin City, Edo, Gombe, Gusau, Ibadan, Jos, Kaduna, Kano, Lagos, Maiduguri, Port Harcourt und Yenagoa. Überall brach der Verkehr zusammen und es kam zu Plünderungen und Vandalismus. „In einem Land wie Nigeria sind Proteste auch eine Chance für Plünderer und anderer, die aus Anspannung Profit schjagen wollen“, sagt Reno Omokri, ein ehemaliger Mitarbeiter von Expräsident Goodluck Jonathan.

Die Polizei setzte Tränengas ein, um Menschenmengen aufzulösen, aber soll auch scharf geschossen haben. So wurden auf der blockierten Autobahn aus der Hauptstadt Abuja Richtung Norden in die Millionenstadt Kaduna sechs Protestierende erschossen. In Maiduguri im Nordosten des Landes wurden vier Menschen getötet, in der Millionenstadt Kano im Norden gab es zwei Tote durch Schüsse. In Kaduna wurden außerdem drei Menschen von einem Polizeiauto überfahren. In Owerri im Südosten des Landes verhinderte die Polizei mit Waffengewalt die Erstürmung des Gefängnisses durch unbekannte Bewaffnete.

„Massenaufstand, nicht Protest“

Nigerias Polizeichef Kayode Adeolu Egbetokun äußerte sich am Ende des Tages kritisch. „Leider zeigen die Ereignisse in einigen wichtigen Städten heute, dass es nicht um Protest ging, sondern um einen Massenaufstand und Plünderungen“, sagte er. „Chaoten wurden auf unschuldige Nigerianer gehetzt und deren mühsam erarbeitetes Eigentum zerstört. Das Motiv der Randalierer war, zu plündern und zu zerstören.“

Landesweit bleiben laut Egbetokum bis auf weiteres alle Polizeieinheiten in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Mehrere Bundesstaaten, darunter Borno, Kano und Yobe, verhängten ganztätige Ausgangssperren.

In Borno, historisch die Hochburg der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram und des Islamischen Staates in Westafrika (ISWAP), wurde der Protesttag von einem Terroranschlag überschattet: auf einer Kundgebung explodierte eine Bombe, vier Menschen starben nach Polizeiangaben und 34 wurden schwer verletzt. Erst am Vortag waren auf einem Markt im Dorf Kawuri in Borno mindbestens 16 Menschen bei einem Anschlag getötet worden.

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