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Sudan: Ein brutaler Krieg

10,7 Millionen Binnenflüchtlinge, 2,1 Millionen Geflüchtete in Nachbarländern, über 25 Millionen Hungernde – die nackten Zahlen zum Krieg in Sudan, das vor dem Krieg rund 48 Millionen Einwohner hatte, sind erschreckend. Von der größten humanitären Krise der Welt sprechen Hilfswerke.

Am 15. April 2023 versank Sudan von einem Tag auf den anderen im Bürgerkrieg. Vizepräsident Mohamed Hamdan Daglo, genannt Hametti, trat mit seiner paramilitärischen Truppe RSF (Rapid Support Forces) in den Aufstand gegen Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan, der die RSF in die regulären Streitkräfte eingliedern wollte. Sie bekämpften sich gegenseitig mitten in der Hauptstadt Khartum mit schweren Waffen, der Krieg dehnte sich schnell in weitere Landesteile aus.

Sudans Regierung zog sich aus Khartum in den Hafen Port Sudan am Roten Meer zurück. Die RSF ging auf Eroberungsfeldzug vor allem in Sudans Westregion Darfur, aus der Hametti stammt und wo er einst die regimetreue arabischstämmige Reitermiliz „Janjaweed“ zur Niederschlagung von Aufständen aufgestellt hatte, die später zur RSF wurde.

Alle Versuche, Frieden zu stiften, sind gescheitert. Nicht einmal Vereinbarungen über freien Zugang für humanitäre Hilfe wurden eingehalten. Nach erneut gescheiterten UN-Vermittlungsbemühungen lud das US-Außenministerium am 15. Juli Burhan und Hametti zu Direktgesprächen nach Genf ab 14. August, mit den USA und Saudi-Arabien als Vermittler und Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union als Beobachter. Der Sudan-Beauftragte des US-Außenministeriums, Tom Perriello, nannte als Ziel „eine landesweite Einstellung der Kämpfe, die Ermöglichung humanitären Zugangs zu allen Bedürftigen und einen belastbaren Überprüfungsmechanismus“. UN-Vertreter und Hilfswerke hoffen unterhalb solcher Ziele auf lokale Feuerpausen und humanitäre Korridore in Darfur.

Doch kurz vor dem Start der Verhandlungen ist nicht einmal klar, ob überhaupt jemand kommt. Die Positionen beider Seiten sind bislang unvereinbar. Die Regierung sieht die RSF als Terrororganisation und will mit ihr erst reden, wenn sie die Waffen streckt – die RSF sagt, Sudan habe seit April 2023 keine Regierung mehr und man spreche nur mit der Armee.

Aber die Zeit drängt. Da aufgrund der Kämpfe die Wirtschaft zusammengebrochen ist, steht Sudan in diesem Jahr vor einer gigantischen Hungersnot, wie sie die Welt zuletzt in Äthiopien vor vierzig Jahren erlebte. Ende Juli stellten die Vereinten Nationen in einer Reihe von Vertriebenenlagern in Darfur förmlich eine Hungersnot fest. Mittlerweile zirkulieren Warnungen über 2,5 Millionen Hungertote bis Ende September.

Dominic Johnson

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