Ex-Werder-Manager und Bremer Senator: Willi Lemke ist tot

Willi Lemke war 18 Jahre lang Werder-Manager, später Bremer Senator, dann sogar UN-Sonderbauftragter. Nun ist er im Alter von 77 Jahren gestorben.

Am Montag überraschend verstorben: Willi Lemke Foto: Britta Petersen/dpa

BREMEN taz | Pietät ist ein hohes Gut. Und die verlangt, dass man über Tote wenigstens nichts Schlechtes zu sagen und zu schreiben habe. Deshalb muss hier über Willi Lemkes Zeit als Bremer Bildungs- und Wissenschaftssenator striktes Stillschweigen gewahrt werden: Kein Wort also über die Abschaffung des Sportstudiengangs und die Zerstörung des bundesweit wegweisenden Studiengangs für Behindertenpädagogik an der Uni, der ja damals genau die Lehrkräfte ausbildete, die für gelingende Inklusion dringend benötigt würden.

Und auch, wie der Sozialdemokrat Anfang des Jahrhunderts bei massiv steigender Schülerzahl mehrere Hundert Lehrerstellen kürzte, müssen Sie im Archiv nachschauen: Nachrufkompatibel ist halt einfach nur der Befund, dass der Mann mit Glatze, Nickelbrille und Schnäuzer sehr nachhaltig die Grundlage fürs Bremer Abschneiden bei Pisa und anderen Bildungserhebungen gestaltet hat. Gestorben ist er am Montag in Bremen. Der Tod sei überraschend gekommen, heißt es.

Tatsächlich wurden über den 1946 im ostholsteinischen Pönitz geborenen, in Hamburg aufgewachsenen Willi Lemke schon seit seinem Abschied aus dem Senat 2008 immer wieder Porträts verfasst, die sich wie Nachrufe lasen. Dass er gerne Bürgermeister anstelle des Bürgermeisters geworden wäre, fehlte darin oft. Und nur selten kam zur Sprache, wie viel es Deutschland kostete, ihm die Anschlussverwendung als UN-Sonderbeauftragter für den Sport zu sichern.

Manchmal wurde darüber geraunt, dass er gleichzeitig für den KGB und den Verfassungsschutz tätig gewesen sei, während der Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bremer Uni und kurz bevor er 1974 Bremer SPD-Geschäftsführer wurde. Ausgeplaudert hatte das 1993 der einstige Hamburger Verfassungsschutz-Chef Hans-Josef Horchem in einem Buch, das heute antiquarisch für 3,60 Euro erworben werden kann. „Das Etikett „Doppelagent“ werde ich nicht mehr los“, hatte Lemke damals der taz prophezeit und Recht behalten: Gerade als er 2007 Innensenator wurde, erinnerten sich viele an die Anekdote.

Widerpart des pöbelnden FC Bayern-Boss

Meist aber ging’s in den personenbezogenen Texten nur um Lemkes glorreiche Zeit als Manager beim Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, 1981 bis 1999: Gerade wieder aufgestiegen avancierte der Verein zu einer der besten Adressen des deutschen Fußballs, wurde mehrfach Pokalsieger und einmal Meister.

Die Werder-Jahre, das war die Zeit, in der Lemke als Widerpart des pöbelnden FC Bayern-Boss Ulrich Hoeneß eine schöne Medienkarriere hinlegte. Die wiederum wirkt in der Erinnerung viel strahlkräftiger, als das Archiv es hergibt. Die Gifteleien von der Säbener Straße gen Osterdeich und vice versa sind arm an bewahrenswerten Bonmots: Dass er nicht mitbekomme, was der Bayern-Manager sagt, „weil ich den Fernseher immer abschalte, wenn er auf dem Bildschirm erscheint“, das war so die Liga der von Agenturen und Sportjournalisten aufgegriffenen Sprüche.

Hier ging es eben nicht um einen Schaukampf: Während der überlebende Hoeneß jetzt genötigt ist, Lemke auch als einen Mann des Dialogs zu rühmen, hatte der noch 2016 der FAZ erklärt, dass es sich um einen echten Streit gehandelt habe, nicht um einen Fake: „Wir mochten uns nicht.“ Und das ist auch wegen ihrer entwaffnenden Ehrlichkeit eine sympathische Aussage.

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