Ist das Verbot des Islamischen Zentrums richtig?

In der Blauen Moschee darf nicht mehr gepredigt werden. Grund sind verfassungsfeindliche Aktivitäten

Ja,

es war dringend nötig, dass das Bundesinnenministerium die sogenannte Blaue Moschee in Hamburg geschlossen und das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) verboten hat. Wer den Schritt mit Verweis auf die Religionsfreiheit kritisiert, verkennt das Wesen des Zentrums, der iranischen Regierung und des Islamismus insgesamt.

Die Rede ist schließlich nicht von irgendeinem Gotteshaus. Schon lange ist klar, dass das IZH ein getarnter Außenposten des Regimes im Iran ist. So fing der Verfassungsschutz etwa einen Brief ab, laut dem der Leiter des IZH „weisungsgebundener Statthalter“ von Revolutionsführer Ali Chamenei ist, der zentralen Figur im theokratischen System des Irans. Dessen Bilanz aus den vergangenen Jahren spricht für sich: Der Iran strebt unter Chameneis Führung nach Atomwaffen, unterstützt Kriegsverbrecher und Terrorgruppen, destabilisiert Länder wie den Libanon, schießt Raketen auf Israel, bedroht Juden und Jüdinnen weltweit, schlägt Demokratieproteste mit tödlicher Gewalt nieder, unterdrückt Frauen systematisch, lässt Kri­ti­ke­r*in­nen und Re­gime­geg­ne­r*in­nen sowie Homosexuelle hinrichten.

Das IZH war ein Instrument, mit dem der Iran die Ideologie hinter dieser Politik gezielt nach Deutschland trug. So verbreitete das Zentrum etwa die Bücher von Chameneis Amtsvorgänger Ruhollah Chomeini mit dessen anti­liberalen, sexistischen, antisemitischen und homophoben Vorstellungen. Diese Ideen richten sich auch gegen die Demokratie und Menschen in Deutschland.

Es geht aber nicht nur um menschenfeindliche Propaganda, sondern auch darum, dass das IZH direkt in den Gewaltapparat des Irans eingebunden war. So hielt das IZH Verbindungen zur hier verbotenen Terrororganisation Hisbollah, die derzeit aus dem Libanon immer wieder Raketen auf Israel abfeuert. Und das Zentrum stellte mindestens eine latente Gefahr für iranische Oppositionelle, Israelis und Ju­den*­Jü­dinn­nen in Deutschland dar. Es war höchste Zeit, dass die Behörden dem Einhalt gebieten. Frederik Eikmanns

Nein,

obwohl klar ist, dass die Blaue Moschee in Hamburg ein Außenposten des Regimes im Iran war. Deshalb wurde sie seit Jahrzehnten vom Verfassungsschutz überwacht. Aber ging von ihr eine konkrete Gefahr aus? Daran sind Zweifel angebracht.

Straftaten müssen natürlich verfolgt werden. Aber Belege dafür bleibt die Innenministerin schuldig. Der Vorwurf der Propaganda allein reicht nicht, denn die ist nicht per se strafbar. Deshalb nutzt Nancy Faeser, wie schon im Fall des rechtsextremen Compact-Magazins, das Vereinsrecht, um ein weitgehendes Verbot zu erlassen. Das riecht nach autoritärem Aktionismus.

Staat und Religion sind im Iran kaum zu trennen. Die deutsche Politik sollte sich davor hüten, es ebenso zu halten. Mit welchem Argument könnte sie sonst protestieren, wenn im Iran oder anderswo Kirchen geschlossen werden, weil sie angeblich ausländischen Agenten dienen? Noch ist niemand auf die Idee gekommen, russisch-orthodoxe Kirchen in Deutschland zu schließen. Dabei sind diese eng mit Wladimir Putins Regime verbunden. Das ist ein doppelter Standard.

Faeser folgt dem Trend, Meinungen, die einer Mehrheit in Deutschland unsympathisch sind, mit Verboten zu begegnen. Sie glaubt mit ihrem Vorgehen Stärke zu zeigen. In Wirklichkeit ist es ein Zeichen der Schwäche. AfD und CDU müssen sich jetzt neue Forderungen ausdenken, um SPD und Grüne vor sich her zu treiben. Ein Überbietungswettbewerb droht.

Die Bilder von vermummten Polizisten, die die Blaue Moschee an Hamburgs Außenalster stürmten, wirkten martialisch. Es dürfte Kritikern nicht schwerfallen, das als Angriff auf die Religionsfreiheit in Deutschland auszulegen. Nachdem schon andere Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit und die Pressefreiheit unter Druck sind, ist das ein fatales Signal.

Sicherer wird Deutschland dadurch nicht. Islamistische Bestrebungen – so es sie in der Blauen Moschee gegeben hat – lassen sich jetzt schwerer überwachen. Denn sie verlagern sich nun in den Untergrund. Daniel Bax