Kommerzsportarten bei Olympia: Der unstillbare Hunger der Stars
Um die Vielfalt bei den Olympischen Sommerspielen zu sichern, sollte das IOC die Kommerz- und Superstarsportarten Fußball, Golf und Tennis verbannen.
Der Olympiasieger im Golf, der US-Amerikaner Scottie Scheffler, hat in dieser Saison über 28 Millionen Dollar auf den Grüns verdient. Der Olympiasieger im Tennis, der Serbe Novak Djokovic, hat in seiner gesamten Karriere über 182 Millionen Dollar eingestrichen. Die Fußballer gehören ohnehin zu den Großverdienern im Profisportbusiness; die Stars nehmen pro Jahr über 30 Millionen Euro ein – plus Werbung und Merchandising.
Dass Krösus und Graf Koks nun auch die prominenteren Plätze auf der großen Bühne des olympischen Sports einnehmen und den Kleinen, den Kanuten, Bogenschützinnen oder den Judoka, auch in Paris die Schau stehlen, ist ein bisschen rücksichtslos. Gut, das IOC hat entschieden, den Sport der Superstars zu den Spielen zu holen, die Golfer sind seit 2016 in Rio dabei, die Tennisspieler seit 1988 in Seoul, und die Fußballer können sagen, dass ihre Traditionslinie bis ins Jahr 1908 zurückreicht.
Es mag für Olympiafans ganz nett sein, sich auch mal ein Autogramm von Carlos Alcaraz zu holen und Xander Schauffeles Schwung live zu verfolgen, aber eigentlich bräuchten die Superstars Olympia nicht. Und ob Olympia sie braucht, das ist nun die große Frage. Ich finde ja, die Sommerspiele wären besser dran, wenn Tennis, Golf und vor allem Fußball nicht mehr zum Programm gehörten.
Exoten am Rande
Man möchte meinen, dass es, nun ja, der Anstand gebieten würde, dass jene Sportarten, auf die ohnehin 365 Tage im Jahr der Goldstaub herabrieselt, sich nicht auch noch ins Bild der olympischen Spiele drängen müssen, aber der Kommerzsport kennt keine Dezenz. Wenn es um Aufmerksamkeit und Mehrwert, äh, Marktwert geht, dann sind sie alle da, logisch, das Plazet des IOC haben sie.
Aber was mag der Wildwasserkanute aus dem Senegal denken, der sich mit 1.200 Euro durch einen Monat quält, was die Trampolinspringerin aus Rumänien, die noch weniger zur Verfügung hat? Finden sie das toll, wenn alle Welt auf die Stars starrt und sie entweder nur von der Landespresse wahrgenommen werden oder als sogenannte Exoten? So gibt es das Olympia der Klassen: Oben strahlen entweder die exzeptionellen Einzelsportler oder eben die Profis von der PGA- oder LIV-Tour, von WTA und ATP.
Der Fußball ist dabei die überflüssigste aller olympischen Sportarten. Und wenn dann ein öffentlich-rechtlicher Sender ein mediokres Fußballspiel zwischen Kanada und Deutschland, ein Viertelfinale, höher gewichtet als das 100-Meter-Sprintfinale der Frauen, dann ist verständlich, dass Olympiatraditionalisten schäumen. Leichtathletik ist olympische Kernsportart, aber der Fußball schickt sich an, alle Bereiche zu infiltrieren.
Die Superkommerzsportarten führen sich unter Duldung des IOC auf wie Kannibalen: Sie machen die anderen noch kleiner, klauen ihnen wichtige Sendezeit. Wer für Vielfalt ist, und das ist kein Paradoxon, schließt die großen drei, Golf, Tennis und Fußball, von Olympia aus.
Leser*innenkommentare
fly
Daumen hoch.
Wobei der erwähnte Fussball der Frauenfaussball ist, der eben nicht zu den medienwirksamsten und zahlungskräftigsten Sportarten gehört. (Das Kanada Spiel wurde auch nicht ganz übertragen, sondern zwischendurch war Turnen, oder was auch immer, wichtiger). Und der Männerfussball wurde ja auf 23 Jahre (plus) beschränkt.
Wobei auch Basketball mit den Stars nicht dazu gehören sollte.
Oder als Variante, so wie 7-Rugby oder 3x3 Basketball.
Aber die Stars ziehen natürlich.
snowgoose
@fly Es ist in Bezug auf Großverdiener alles problematisch, genauso wie die frühere Amateur-Regelung ihre Schwächen hatte (jede Minizuwendung führte bei manchem zu Sperrungen, zugleich bekamen „gutdatierte Staatssportler“ aus gewissen Ländern keine Probleme).
Frauenfußballerinnen sind größtenteils absolut gering bezahlt (in USA allerdings etwas anders), im Männerfußball müsste die Plus2-Regelung wohl wegfallen und das Alter vielleicht auf U19 gesenkt werden (obwohl die Großverdiener immer jünger werden), gegen NBA Millionäre haben andere Mannschaften (ohne ihre „Leihgaben“) keinerlei Chance, ohne Rugby bekäme Fidschi nie eine Medaille, usw. usw.
Vielleicht sollten Millionäre eine großen Beitrag für Sozialprojekte im Veranstalterland erbringen, dann wird man sehen, wie groß die Sehnsucht nach einer Medaille ist.
Aber die schlimmsten Schlawiener sind eh die raffgierigen, korrupten, verlogenen IOC-Typen.