piwik no script img

Die WahrheitIrischer Fußballmeister IRA

Zum zweiten Mal in 137 Jahren wurde das nordirische Armagh Meister im Gaelic Football. Die Friede war riesig, wenn auch nicht bei allen Insulanern.

Früher gehörte ihnen die Polizei. Damals hieß sie Royal Ulster Constabulary (RUC) und bestand fast ausschließlich aus protestantischen Unionisten. Sie hielt die aufmüpfigen nordirischen Bürgerrechtler in Schach und half bei politischen Morden tatkräftig mit.

Dann kam der Friedens­prozess, der 1998 in das Belfaster Abkommen mündete, das der britisch besetzten Krisenprovinz relativen Frieden und der Polizei katholische Rekruten bescherte. Obendrein wurde der Name in „Police Service of Northern Ireland“ geändert, die Royals mussten zum Ärger der Unionisten abdanken – zumindest bei der nordirischen Polizei.

Vor acht Tagen erreichte die unionistische Paranoia ihren Höhepunkt. Das Endspiel im Gaelic Football wurde ausgetragen, einer Sportart, die nur entfernt etwas mit dem urenglischen Fußball zu tun hat. Es geht darum, den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen. Das zählt drei Punkte. Geht er über die Querlatte zwischen den Pfosten, gibt es einen Punkt. Der Ball darf mit der Hand gespielt, muss jedoch mit dem Fuß vom Boden aufgenommen werden.

Die Meisterschaften werden gesamtirisch ausgetragen, auch die sechs nordirischen Grafschaften nehmen teil. Diesmal gewann das nordirische Armagh die Sam-Maguire-Trophäe, zum zweiten Mal in 137 Jahren. Die Freude war riesig, außer beim unionistischen Teil der Bevölkerung, hält er den Verband, die Gaelic Athletic Association (GAA), doch nach wie vor für eine Terrororganisation.

Polizisten und Soldaten durften der GAA bis 2001 nicht beitreten. Da die GAA vor der Unabhängigkeit Zentrum des Widerstands war, hatte der englische Geheimdienst bereits 1890 seine Agenten auf sie angesetzt. Heutzutage ist die GAA höchst staatstragend, aber das glauben die Unionisten nicht.

Ihre schlimmsten Befürchtungen wurden vorvorigen Sonntag wahr. In Camlough im Süden der Grafschaft Armagh, früher eine Hochburg der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), wurde ausgelassen gefeiert, mittendrin ein Polizeiwagen, der mit Blaulicht und Sirene die Hauptstraße entlang raste, während der uniformierte Fahrer eine Armagh-Fahne schwenkte.

Niemand kann so betroffen dreinblicken wie ein besorgter Unionist. „Blaulicht für einen Nicht-Notfall, mehrere Runden um einen Kreisverkehr, keine vollständige Kontrolle über das Fahrzeug (Schwenken einer Armagh-Flagge während der Fahrt)“, moserte einer, während ein anderer Dackeläugiger daran erinnerte, dass Sam Maguire 1922 Anführer der IRA war.

Die Chefs der drei unionistischen Parteien monierten, dass die Polizei offenbar nicht unparteiisch sei. Ihr Fußvolk zündete deshalb ein Auto und einen Lastwagen, die in den Armagh-Farben lackiert waren, vor dem GAA-Gelände an. Mit dieser beherzten Tat sind sie den Briten, zu denen sie so gern gehören wollen, sicher noch mehr ans Herz gewachsen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!