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b-noteDeutsche Wellen der Empörung

Der Dopingverdacht gegen eine chinesische Schwim-merin wiegt schwer. Sie kam vor einer Deutschen ins Ziel

Doping muss irgendwie so ein chinesisches Ding sein. Das könnte man zumindest denken, wenn man gerade die olympischen Schwimmwettbewerbe über deutsche Medien verfolgt. Dass die Berlinerin Angelina Köhler die Bronzemedaille verpasste, weil die Chinesin Zhang Yufei den dritten Platz belegte, löste eine große Empörungswelle aus.

Das ZDF sprach noch vorsichtig von „einem Beigeschmack“. Die Bild titelte: „Doping-Chinesin klaut unserer Schwimm-Königin Bronze!“ Und Sport1 schrieb: „Der Doping-Kampf gerät zur Farce und Köhler wird zum Opfer.“

Der Argwohn ist natürlich nicht unbegründet. Schließlich gehört Zhang Yufei zu den 23 Schwimmerinnen und Schwimmern, die 2021 positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet wurden und unbestraft davonkamen, weil die Welt-Antidoping-Agentur Wada den chinesischen Erklärungen Glaube schenkte. Es wurde behauptet, das Herzmittel sei in einer Hotelküche aufgespürt worden. Über das Essen müsse das Medikament unverschuldet in den Sportlerkörper geraten sein.

Dass der Internationale Schwimmverband vor den Spielen mitteilte, die chinesischen Olym­pia­teil­neh­me­r seien in diesem Jahr verstärkt auf Doping getestet worden, muss das Misstrauen nicht mindern. Die Erfahrung lehrt, dass Doperinnen und Doper erst oft viele Jahre nach den Spielen überführt werden, weil ihre neuesten Tricks erst dann nachweisbar sind.

Die Fokussierung dabei auf chinesische Teilnehmer ist allerdings doch etwas befremdlich. Als der französische Wunderschwimmer Léon Marchand am Sonntagabend über die 400 Meter Lagen gut fünfeinhalb Sekunden schneller war als der zweitplazierte Japaner Matsu­shita Tomoyuki, kam niemand auf die Idee, die Frage nach unerlaubten Mitteln zu stellen. Bei der Chinesin Zhang Yufei reichten schon 21 Hundertstelsekunden Vorsprung vor einer Deutschen, um den Anti-Doping-Kampf in Frage zu stellen.

Köhler selbst sagte, erst einmal gehöre die Medaille ihr „und da gibt es nichts auszusetzen“. Sie hoffe, dass es noch Aufklärung zu den positiven chinesischen Proben von 2021 gebe. Misstrauen ist angebracht, aber es sollte nicht nur bei den chinesischen Athleten mitschwimmen. Johannes Kopp

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