Prozess um mögliche Diskriminierung: Kein Zimmer frei für Sinti

Kelly Laubinger von der Sinti-Union bucht für einen Autor ein Zimmer. Das Hotel storniert – wegen ihres Namens. Jetzt traf man sich vor Gericht.

Ein Schild mit der Aufschrift «Zimmer belegt».

Nicht immer nachvollziehbar begründet: Schild mit Aufschrift „belegt“ an einer Pension Foto: Patrick Pleul/dpa

NEUMÜNSTER taz | Im Namen der Sinti Union Schleswig-Holstein wollte Geschäftsführerin Kelly Laubinger im vergangenen Herbst ein Zimmer für den Autor Max Czollek buchen, der bei einer Veranstaltung des Vereins lesen sollte. Ein örtliches Hotel lehnte die Buchung ab – wegen ihres Familiennamens. Laubinger sah sich diskriminiert.

Der Hotelier bestreitet das und spricht von einer Verwechselung. Nun befasste sich das Amtsgericht mit dem Fall. Bei der Verhandlung stellte sich heraus: Im Hotel wird offenbar eine Rote Liste geführt, auf der alle Personen namens „Laubinger“ stehen.

„Chef, da hat jemand namens Laubinger gebucht. Darf ich das annehmen?“ So in etwa fragte Hotel-Mitarbeiterin Sigrun W. ihren Chef. Abends zuvor hatte Kelly Laubinger per E-Mail ein Zimmer reserviert.

Morgens erhielt sie die Absage: „Leider darf ich Ihnen kein Zimmer vermieten, da wir mit der Familie Laubinger schlechte Erfahrungen gemacht haben“, mailte W., nachdem Hotelier Thomas H. klar gemacht hatte: „Laubinger kriegt hier kein Zimmer“, so sagte er es im Gerichtssaal. Denn ein Gast dieses Namens habe sich einmal schlecht benommen, seither „zucke ich bei dem Namen zusammen“.

„Laubinger“ steht auf einer internen „Roten Liste“

Er führe ein weltoffenes Haus, ihn interessiere nicht, welcher ethnischen Gruppe oder Religion ein Gast angehöre, aber Laubinger stehe auf einer internen „Roten Liste“. Für die Ablehnung habe er sich mehrfach entschuldigt: „Was soll ich sonst tun, mich auf den Markt stellen und schreien?“, fragte er in Richtung von Kelly Laubinger und ihrem Anwalt Martin Klingner.

Der bohrte nach: „Wenn sich jemand namens Meier schlecht benimmt, aber ein anderer Meier bestellt ein Zimmer, würde der es kriegen? Und was, wenn Herrn Meiers Tochter ein Zimmer möchte?“ Natürlich würde nur die Person kein Zimmer bekommen, die sich schlecht benommen habe, beteuerte H.

Dass diese Regel offenbar nicht für Laubinger gilt, berichtete seine Mitarbeiterin, die als Zeugin vernommen wurde. Sie habe ihrem Chef mitgeteilt, dass „jemand aus der Familien Laubinger“ ein Zimmer wolle, genauer eine „Frau Laubinger“ – also nicht ein möglicher männlicher Gast mit schlechten Manieren.

Kelly Laubinger

„Für mich war die Ablehnung ein Stich ins Familientrauma, für mich war das Gewalt“

„Für mich war die Ablehnung ein Stich ins Familientrauma, für mich war das Gewalt“, sagte Kelly Laubinger. Dass sie in Kollektivhaft für eine ihr unbekannten Person genommen werde, passe zu der Art von Diskriminierung, die Sinti oft erlebten. Besonders verletzt habe sie ein Brief von H.s Anwalt Jasper Lehmann, in dem unterstellt wurde, sie gehöre der Sinti-Minderheit gar nicht an, sie sei eine „Trittbrettfahrerin“. Dieses Schreiben nannte ihr Anwalt „unterirdisch“.

In einer ersten Bewertung sah Richter Maass Anzeichen für eine Diskriminierung. Das ist wichtig, denn nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG) gilt, dass sich die Beweislast umkehrt, wenn sich Argumente für eine Diskriminierung finden. Damit müsste nicht Laubinger beweisen, dass sie diskriminiert wurde, sondern der Hotelier, dass er nicht diskriminiert hat. Wie der Richter den Fall letztlich beurteilt, wird er Ende Juli verkünden.

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