Öffentlich-Rechtlichen im Kulturkampf: Die Kaninchen von der ARD

Die Absage der ARD-Buchlounge mit Sebastian Hotz zeigt: Der Sender hat im Kulturkampf gegen rechtspopulistische Meinungsmache keine Strategie.

Ein flüchtendes Kaninchen rennt mit aufgestellten Ohren über eine grüne Wiese

Wie ein Kaninchen auf der Flucht: Die ARD steht wohl eher für „Angst regiert dich“ Foto: blickwinkel/imago

Der MDR sieht einer Kündigung des Medienstaatsvertrages durch eine mögliche AfD-Regierung in Thüringen gelassen entgegen“, meldet „ZAPP“. Um zu der Erkenntnis zu gelangen, hat das NDR-Medienmagazin mit dem Juristischen Direktor des MDR gesprochen.

Die frohe Botschaft aus Leipzig lautet, wenn Thüringen ausscheiden sollte, macht der MDR halt mit Sachsen und Sachsen-Anhalt weiter. Dass da die AfD auch ante portas steht, wenn auch ohne Björn Höcke, scheint nicht so wichtig zu sein. Allerdings klingt das eher nach „Kaninchen ist hakenschlagend auf der Flucht“. ARD steht wohl eher für „Angst regiert dich“.

Bester Beleg war die Nummer mit El Hotzo. Da wurde vergangene Woche sogar die groß angekündigte ARD-Buchlounge mit Sebastian Hotz im Literaturhaus Nürnberg abgesagt. Ver­an­stal­te­r*in war ARD-Kultur, der MDR hat die Federführung. Die tiefschürfende Begründung war, „aufgrund der aktuellen Entwicklungen hat ARD-Kultur entschieden, die für heute (18. Juli) geplante Buch-Lounge abzusagen.

Wir bitten dafür um Verständnis“. Sonst nichts, kein Argument, keine weitere Erläuterung. „Mehr möchten wir dazu nicht sagen und bitten um Ihr Verständnis“, stand noch in der Mail. Nee, kriegt ihr nicht! Was das Literaturhaus Nürnberg in weiser Voraussicht auf seiner Homepage veröffentlicht hatte, ist richtig.

„Das Literaturhaus Nürnberg e. V. ist ein Ort des Diskurses (…) und ein Lernort in Sachen Demokratie. Ein Ort der Auseinandersetzung, des Argumentierens und auch des Aushaltens von Positionen, die von der eigenen Meinung abweichen“.

Jetzt gibt es eine Wand

„Auch wenn wir die menschenverachtende Äußerung von ‚El Hotzo‘ keinesfalls teilen, möchten wir mit ihm darüber auf dem Podium sprechen. Auch darüber, wie er seine Medienpräsenz nutzt und wie er mit der Verantwortung dabei umgeht.“

Die begründungsfreie Absage zeigt, dass die ARD keine Strategie hat. Sie weiß nicht, wie sie im laufenden Kulturkampf agieren, sich positionieren, vielleicht sogar überleben will. Leute, ihr habt euch schon vor Jahren mit dem Rücken an der Wand gefühlt, wenn Michael Hanfeld in der FAZ über die GEZ lästerte.

Dabei gab’s damals gar keine Wand. Die gibt es jetzt, und ihr macht das Kaninchen. (Offenlegung: Ich habe als ARD-Sprecher 2016/17 auch bei den Kaninchen mitgemacht, bin jetzt aber nicht mehr im Stall.)

Bei solchen „aktuellen Entwicklungen“ müssen wir uns echt Sorgen machen. Die ARD ist nur bedingt abwehrbereit. „Sie hat nie trainiert, um den Punkt für sich zu machen“, fragt die Mitbewohnerin, „alle reden durcheinander und sind sich noch uneins, wie sie in die Offensive gehen“.

Die Stöckchen, die den Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft hingehalten werden, sind im Vergleich zu El Hotzos’ Post viel größer. Die Kaninchen werden springen, springen, springen. Wie sagte AfD-Gauland doch: „Wir werden sie jagen!“

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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