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das wird„Kostenlose Ferien ohne K­offer“

Teilhabe statt Einsamkeit: Eine Woche lang bietet die Bremer AWO Aktivitäten für Menschen über 60 an, die zum Verreisen nicht genug Geld haben

Interview Robert Matthies

taz: Herr Maia, ist die Ferienzeit im Sommer für einsame Menschen besonders schwer?

João Maia: Problematisch wird es, wenn die Menschen nicht die finanziellen Mittel haben, Aktivitäten zu machen wie andere. Wenn der Sommerurlaub wegfällt, das Wegfahren, dann kann man auch keine Geschichten erzählen, dass man zum Beispiel eine Woche in Hamburg war, und man fühlt sich noch weiter ­herausgedrängt.

Mit Corona ist das Thema Isolation in den Fokus gerückt, seit Dezember gibt es eine Bundesstrategie gegen Einsamkeit. Wird das Problem jetzt stärker wahrgenommen?

Stärker in den Fokus gerückt ist das Thema Armutsgefährdung auch bei älteren Menschen – und damit sind es auch die Themen Einsamkeit und Isolation und Teilhabe im Alter. Ja, das ist in den vergangenen Monaten und gerade durch die Pandemie in den Vordergrund gerückt. Corona war dabei ein Brennglas, das Probleme deutlich gemacht hat, die schon lange bestehen.

Warum betrifft die Einsamkeit immer mehr Menschen?

Zum einen haben wir die Schwierigkeit, dass die Digitalisierung und Geschwindigkeit, in der sich die Welt verändert, viele ältere Menschen von bestimmten Entwicklungen und aus öffentlichen Räumen ausschließt. Zum Beispiel, wenn bestimmte Dinge nur noch mit der Karte bezahlt werden können oder man sich nur noch online anmelden kann, dann fallen bestimmte Gruppen hinaus. Eine zweite Sache ist, dass die Altersarmut und der finanzielle Druck zunehmen. Veranstaltungen, die früher finanziell möglich waren, können einfach nicht mehr gestemmt werden.

Fabine Lange

João Maia

36, ist Referent für Verbands­entwicklung und Grundsatz­fragen bei der AWO Bremen.

Es gibt also weniger Räume und Möglichkeiten der Teilhabe?

Die sogenannte Zivilgesellschaft, das heißt Vereine, Einrichtungen, die ehrenamtlich geleitet worden sind und wie die AWO Kultur anbieten, gab es viel flächendeckender. Man konnte mit wenig Geld teilnehmen und es gab Leute, die man kannte, die solche Veranstaltungen gemacht haben. Diese Vereine haben das nicht aus wirtschaftlichen Gründen getan, sondern haben die Veranstaltungen kostenlos angeboten, weil sie Teil der Vereinskultur waren. Heute gibt es weniger ehrenamtliches Engagement, so etwas zu organisieren. Das führt zu Vereinsamung, weil es keine Anlaufpunkte gibt, die alle kennen. Man kann das nicht verallgemeinern, aber es gibt eine Tendenz in diese Richtung.

Was kann man gegen die Einsamkeit tun?

Wir bieten über den Sommer das „Kulturglück“ an, das heißt: Wir bieten für Menschen, die kein oder wenig Geld haben, kostengünstige Ferien ohne Koffer an, ermöglicht wird das durch die Glücksspirale. Wir besuchen kulturelle und politische Orte wie die Bremer Bürgerschaft oder den Hamburger Hafen oder das Industriekultur-Museum Nordwolle. Aber wir haben auch längerfristige Programme, zum Beispiel das Projekt „Der Rote Faden für den Ruhestand“. Dort werden ältere Menschen in den Ruhestand begleitet: Was kann man jetzt unternehmen? Wie kann man finanzielle Hilfen organisieren? Es geht aber auch einfach darum, Treffpunkte zu haben, um sich kennenzulernen.

Und in der „Universität der 3. Generation“ geht es ums lebenslange Lernen?

Aktionswoche „Kulturglück“: Mo, 29. 7., bis Fr, 2. 8., Infos und Anmeldung unter t1p.de/h7372; Infos: awo-bremen.de

In diesem Bildungsprojekt werden wissenschaftliche Themen, aber auch kulturelle Themen, kostenlos oder kostengünstig angeboten. Wichtig ist dabei immer, dass es gemeinschaftlich ist, dass Mensch zusammenkommen und gemeinsam etwas machen und neue Freundschaften schließen, sich neue Bekanntenkreise erschließen und man neue Themen kennenlernt. Auch im Alter muss der Kopf weiter rattern. Dabei geht es oft auch um Politik.

Welche Rolle spielt politische Teilhabe?

Politische Teilhabe ist uns sehr wichtig, deswegen besuchen wir zum Beispiel die Bürgerschaft oder machen Demokratie-Workshops. Wir verstehen die Teilhabe an der Gesellschaft als eine demokratiebildende Maßnahme. Wir wollen damit der Menschenfeindlichkeit etwas entgegensetzen und motivieren: Verschanzt euch nicht in der Ecke!

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