Kommentar von Anja Krüger zu den Wasserstoff-Plänen der Bundesregierung
: Auch Handel mit nachhaltiger Energie muss fair sein

Endlich: Wasserstoff, das unsichtbare Zaubermittel für das Erreichen der Klimaneutralität, bekommt eine reale Dimension. Das Bundeskabinett hat die lange erwartete Wasserstoffimportstrategie verabschiedet. Hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt sich eine extrem wichtige Angelegenheit: Wasserstoff ist für den Umbau der Wirtschaft unverzichtbar. Die Stahlindustrie und die Chemiebranche zum Beispiel haben ohne diesen Energieträger kaum eine Chance, hierzulande zu überleben. Die Produktion einfach einstellen ist keine Alternative. Das hätte extreme wirtschaftliche und gesellschaftliche Verwerfungen zur Folge.

Bislang ist Wasserstoff aber eine Fiktion, denn es gibt kaum welchen – und in Deutschland wird in absehbarer Zeit sicher nicht genug hergestellt, um den künftigen Bedarf zu decken. Für die Eingeweihten in Industrie und Verbänden mag die Importstrategie der Regierung vielleicht nicht viel Neues enthalten. Für die Bür­ge­r:in­nen aber wird nun viel fassbarer, wie die Energieversorgung der Zukunft aussehen könnte. Die Fiktion aus Sonntagreden wird Schritt für Schritt im wirklichen Leben ankommen – mit jeder Wasserstoffpipeline, die in Betrieb genommen wird, mit jedem neuen Speicher und Industrieanschluss mehr.

Damit steigt die Akzeptanz für Klimapolitik. Der Widerstand dagegen ist oft darin begründet, dass man sich nicht vorstellen kann, wie die klimaneutrale Modernisierung aussehen könnte. Mehr Akzeptanz wird es allerdings nur geben, wenn den Plänen auch zügig Taten folgen und die Infrastruktur für Wasserstoff rasch aufgebaut wird.

Verzögerungen kosten nicht nur viel Geld, sondern auch Zuversicht ins Gelingen des großen Umbaus. Schade ist allerdings, dass die Ampel nicht ausschließlich mithilfe erneuerbarer Energien gewonnenen Wasserstoff einführen will, sondern auch klimaschädlich hergestellten. Zielführender wäre, wenn Deutschland den Bedarf an Wasserstoff von Anfang an sauber decken würde ohne faule Kompromisse und Übergangslösungen. Die Gefahr ist zu groß, dass daraus Dauerlösungen werden. Auch dass verbindliche ökologische und soziale Standards für die Produktion in den Exportländern fehlen, ist zu bedauern. Wasserstoffimporte aus dem Globalen Süden dürfen nicht dazu führen, dass dort die Umwelt zerstört wird oder Menschen von ihrem Land vertrieben werden. Für die Exportländer kann die Lieferung von Wasserstoff eine enorme Chance sein, solange die Käufer nicht in kolonialer Manier auftreten, die Handelsbeziehungen fair sind und die Menschen vor Ort von den Gewinnen profitieren.

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