Proteste in Bangladesch: Die Kritik ist berechtigt

Die Proteste gegen die Jobquote richten sich zunehmend gegen die selbstherrliche Regierung. Die zu Gewalt neigende Opposition ist keine Alternative.

Soldaten kontrollieren Motorradfahrer und Fahrzeuge an einem Checkpoint in Dhaka

Das Militär kontrolliert das Geschehen – Checkpoint in der Hauptstadt Dhaka Foto: Rajib Dhar/AP

Mit einer Ausgangssperre, zwei verordneten Feiertagen, Internetblockaden, Massenverhaftungen, heftiger Militärgewalt bis hin zum Schießbefehl ist es der Regierung in Bangladesch gelungen, die massiven Proteste der vergangenen Woche einzudämmen. Besonders hilfreich dürfte die vorgezogene Entscheidung des Obersten Gerichts vom Sonntag gewesen sein, das den Forderungen der Protestbewegung nach Abschaffung des als ungerecht empfundenen und wieder eingeführten Quotensystems weitgehend entgegenkam.

Die größten regierungskritischen Proteste in Bangladesch seit der Unabhängigkeit 1971 verdeutlichen der Welt die tiefe politische Krise des Landes. Diese ist samt der Ursachen trotz des Abflauens der Proteste überhaupt nicht zu Ende. Die Regierung der seit 2009 regierenden und immer autoritärer werdenden Ministerpräsidentin Sheikh Hasina hatte selbst noch Öl ins Feuer gegossen. Sie ließ nicht nur die Mitglieder der Studentenorganisation ihrer Partei gewaltsam gegen die zuerst friedliche Protestbewegung vorgehen.

Hasina beschimpfte die Demonstranten auch noch pauschal als Kollaborateure mit dem früheren Kriegsgegner (West)Pakistan. Sie scheint damit nicht anerkennen zu wollen, warum die ihre Partei bevorzugenden Quoten für Veteranenenkel und -kinder der Unabhängigkeitskämpfer 53 Jahre nach der Staatsgründung als ungerecht empfunden werden.

Hoffnung auf Wohlstand kollabierte während der Pandemie

Dabei war es Hasina zunächst gelungen, vor allem mittels Textilexporten einen Wirtschaftsboom zu erreichen und damit dem armen Land die Hoffnung auf Wohlstand zu geben. Doch dies kollabierte in der Coronakrise und der dann folgenden Inflation. Zu Jahresbeginn ließ sich die Regierung im Amt bestätigen, nachdem sie zuvor die Bedingungen der Wahl so unfair gestaltet hatte, dass die Opposition erneut boykottierte. Die Proteste sind deshalb längst zu einer Fundamentalkritik an der zunehmend selbstherrlichen Regierung geworden. Leider ist die auch zur Gewalt neigende und mit Islamisten paktierende Opposition keine wirkliche Alternative.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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