: Auch Höhn will demonstrieren
In Ahaus bereiten sich Atom-Gegner auf die Ankunft des Castor-Transports vor. Welchen Weg der Konvoi nimmt, ist noch geheim. Derweil kündigen die Grünen Unterstützung an
RUHR taz ■ Heute kommt Frau Höhn. Schon zum zweiten Mal. Bereits am Samstag saß die scheidende NRW-Umweltministerin (Grüne) vor dem Atom-Zwischenlager in Ahaus und sprach. Sie hatte die Presse eingeladen, um erneut zu bekräftigen, wie „unsinnig“ sie den bevorstehenden Castor-Transport von Dresden nach Ahaus findet. Und insbesondere um anzukündigen, dass sie sich aktiv am Widerstand gegen den Transport beteiligen will – vorausgesetzt, „ich bin hier erwünscht“, sagt Höhn.
Erwünscht? „Es ist ihr gutes Recht, zur Demo zu kommen“, sagt Matthias Eickhoff vom Münsteraner „Widerstand gegen Atomanlagen“ gestern zur taz. Auch wenn sie nicht immer grün wären mit den Grünen, würden sie sich dennoch über jeden freuen, der an den Demonstrationen teilnehme. „Wir schauen da nicht auf Parteibücher“, sagt Eickhoff, der sich gerade im „Widerstandscamp“ in Ahaus auf die Ankunft der für heute Nacht erwarteten Atom-Container vorbereitet. Seit Samstag sind die Atom-Gegner nun schon vor Ort. Musik läuft. Ska-Bands spielen. Die Stimmung ist gut. Und gleichzeitig feiert der städtische Schützenverein Feldmark 05 sein hundertjähriges Bestehen. In Ahaus ist die Hölle los.
Panne in Dresden?
Bärbel Höhn ist nicht die einzige aus dem grünen Lager, die sich auf die Seite der Atom-Gegner schlägt. Britta Haßelmann, Frithjof Schmidt und Rüdiger Sagel trommelten bereits am Freitag gegen den Transport und forderten „alle Bürgerinnen und Bürger“ auf, sich an den Demonstrationen in Ahaus zu beteiligen. Die Grünen haben keinen guten Stand bei den Aktivisten, die am Wochenende erneut Kritik an der rot-grünen Atompolitik übten. Dass sich die Grünpartei nun wieder auf ihre ökologischen Wurzeln konzentriert, nehmen die Atom-Gegner sehr gerne zur Kenntnis. Nachtragend ist niemand in Ahaus.
Sonntagmittag: Aus Dresden wird den Aktivisten von einer Panne berichtet. „Die Top-Meldung unserer nächsten Pressemitteilung“ nennt Eickhoff das. Angeblich soll am Startpunkt des Transports, am sächsischen Forschungsreaktor in Rossendorf, einer der Container geöffnet und wieder verschlossen worden sein. Die Messwerte hätten danach die zulässige Höchstgrenze um das Dreifache überstiegen, sagt Eickhoff. Aber das ist alles nur Spekulation. So wie vieles, was derzeit nach Ahaus kolportiert wird. Genaues weiß man nicht. Weder, ob der vermeintlich strahlende Container abgekoppelt und also nur 17 statt der geplanten 18 Boxen nach Nordrhein-Westfalen rollen. Noch woher sie fahren. „Die Polizei will sich die Streckenführung noch offen halten“, sagt Eickhoff. Mindestens bis Montagmorgen, zehn Uhr, wenn der Transport in Dresden Fahrt aufnimmt.
In Münster hat die Polizei derweil ein Bürgertelefon eingerichtet. Am Apparat sitzt Joachim Wienrank. Der Polizist beantwortet Fragen zur aktuellen Situation – und die ist am Wochenende sehr ruhig. Bei Lünen haben ein paar Greenpeace-Aktivisten gelbe Transparente auf einer Autobahn-Brücke gehisst. „Die Gefahr rollt hier“ steht auf einem der Banner. Zwischenfälle? „Soweit keine“, sagt Wienrank, der sehr sparsam wird, wenn man ihn danach fragt, wie viele seiner Kollegen im Einsatz sein werden. Eine genaue Anzahl könne er nicht nennen. Es würden aber nur Kräfte aus NRW eingesetzt und weniger als beim letzten Transport im Jahr 1998. Und die Panne in Dresden? Hat Wienrank nichts von gehört.
Unfall in England!
Während Ahaus auf die Atom-Kolonne wartet, schwappt eine Botschaft aus Großbritannien herüber: Dort soll es den schwersten Atomunfall der vergangenen zehn Jahre gegeben haben, berichtet die Zeitung „Independent On Sunday“. In der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield sollen in den vergangenen Monaten rund 83.000 Liter einer radioaktiven Flüssigkeit ausgelaufen sein. Anzeichen für ein Leck gab es offenbar schon seit dem vergangenen Sommer. Unternommen wurde nichts.
In Ahaus sind solche Meldungen Wasser auf die Mühlen der Atom-Gegner. Überall entlang der Strecke werden sie heute demonstrieren, blockieren. Hoffentlich ergeht es keinem wie dem Atom-Gegner, der sich bei einem Transport im September 2004 in Frankreich angekettet hatte. Er wurde überrollt. Und starb. BORIS R. ROSENKRANZ
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