Bidens Präsidentschaftskandidatur: Zähneklappern ohne Strategie

Der Druck auf Joe Biden wächst, von seiner Kandidatur zurückzutreten. So beschädigt wie er so kurz vor einer Wahl war bislang kein Kandidat.

Präsident Biden winkt bei einer Pressekonferenz.

US-Präsident Biden beim Nato-Gipfel in Washington am 11. Juli Foto: Yves Herman/reuters

Es ist ein Spruch, der in allen US-Wahlkämpfen der vergangenen Jahrzehnte immer wieder zu hören war: „Das ist die wichtigste Wahl unseres Lebens“ – „the most important election of our lifetime“. Im Unterschied zu früher stimmt er in diesem Jahr.

Donald Trumps Partei hat mit den Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen aus den Zeiten von Reagan und den Bushs nichts mehr zu tun. Auch deren Präsidentschaften waren katastrophal – aber sie waren kein Startschuss für Rechtsradikale weltweit, zum Endkampf gegen die Demokratie anzusetzen. Trump 2 wäre genau das.

Und genau in diese Wahlen gehen die US-Demokrat*innen schwächer denn je. Seit der verheerenden TV-Debatte zwischen Joe Biden und Donald Trump sind die schon lange bestehenden Zweifel daran, dass Biden die Wahl gewinnen und dann auch noch regieren kann, ins Unermessliche gewachsen.

Millionen von Zu­schaue­r*in­nen fühlten sich an die eigenen Erfahrungen mit in die Verwirrung abgleitenden Eltern oder Großeltern erinnert. Jeder Auftritt des US-Präsidenten, kürzlich seine Pressekonferenz zum Abschluss des Nato-Gipfels in Washington, wird mit angstvollem Zähneklappern begleitet. Fernsehsender lassen die Auftritte nicht von Ex­per­t*in­nen in Außen- und Sicherheitspolitik kommentieren, sondern von Neu­ro­lo­g*in­nen und sonstigen Mediziner*innen.

Kein Grund für Ausstiegsszenarien

Aus dem Lager der Demokratischen Partei kommen jeden Tag neue Kongressabgeordnete und Spen­de­r*in­nen hinzu, die von Biden fordern, auf die Kandidatur zu verzichten. So beschädigt wie Biden vier Monate vor der Wahl sind sonst nicht einmal Kan­di­da­t*in­nen nach grausamen Vorwahlschlachten.

Der Präsident hingegen versichert ein ums andere Mal, im Rennen zu bleiben – und wenn er bei einem Auftritt lediglich ein paar Namen verwechselt, sei alles so gut gelaufen, dass es keinen Grund gebe, noch über Ausstiegsszenarien nachzudenken. Dabei läuft die Zeit den De­mo­kra­t*in­nen davon. Donald Trump hingegen hält sich zurück. In den Tagen seit der TV-Debatte hat Trump die Öffentlichkeit gemieden und die Selbstzerlegung der gegnerischen Seite samt liberaler Medien still genossen.

In der kommenden Woche allerdings wird sich das ändern: Am Montag beginnt der republikanische Parteitag, Es ist bezeichnend für diesen Wahlkampf, dass die damit verbundene TV-Zeit, normalerweise von der gegnerischen Seite missgünstig beneidet, diesmal als eine Chance gesehen wird. Trump ist ohnehin das wichtigste Wahlkampfargument der Demokrat*innen: Gut, dass mal wieder über ihn berichtet wird. Durchatmen. Aber eine erfolgversprechende Strategie für den November ist das nicht.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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