Überblick zum Fall Assange: 2006 fing alles an

Mitte der 2000er gründete Julian Assange die Plattform Wikileaks. Nun soll der Whistleblower nach jahrelangem Rechtsstreit freikommen. Ein Überblick.

Der jugendliche Assange dreht sich in einer Fussgängerzone um

Assange in Stockholm, 2010 Foto: Lina Alriksson/DN/imago

BERLIN taz/afp | Vor fast 14 Jahren wurden die ersten US-Geheimdokumente von Wikileaks veröffentlicht. Nun soll Plattform-Gründer Julian Assange freikommen. Ein Überblick.

2006

Julian Assange, ein australischer Computer­spezialist, gründet die Enthüllungsplattform Wikileaks. Das Ziel: Whistleblowern helfen, verborgene Informationen ans Licht zu bringen.

2009

Eine Geheimdienstanalystin der US-Armee, Chelsea Manning, lädt große Datenmengen aus einem geheimen Netzwerk herunter und lädt sie auf Wikileaks hoch.

2010

Von Juli bis Oktober veröffentlicht Wikileaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kommen später hinzu. Sie enthalten brisante Informationen über die US-Einsätze in diesen Ländern, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen. Die US-Justiz verhaftet Manning.

Julian Assange wird weltweit bekannt. Im November erwirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen ihn. Dem Australier werden Sexualdelikte vorgeworfen. Er weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt Assange gegen Kaution auf freien Fuß.

2011

Ein britisches Gericht gibt dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte.

2012

Um die Auslieferung nach Schweden zu verhindern, flüchtet Assange unter Missachtung der Kautionsauflagen aus seinem erweiterten Hausarrest überraschend in Ecuadors Botschaft in London. Er erhält dort politisches Asyl.

2013

Chelsea Manning wird zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt. Es ist die längste Strafe in der US-amerikanischen Geschichte in einem Fall, der mit einer undichten Stelle zusammenhängt.

2016

Vor der US-Präsidentschaftswahl im Herbst veröffentlicht die Plattform Wikileaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton. Diese verliert schließlich knapp die Wahl gegen Donald Trump von den Repu­blikanern.

2017

US-Präsident Barack Obama erlässt Manning einen Großteil ihrer Strafe, sie kommt frei. Die Staatsanwaltschaft in Schweden stellt die Ermittlungen gegen Assange ein.

2018

Das Personal in Ecuadors Botschaft kappt Assanges Kommunikationszugänge. In den USA taucht ein Dokument auf, wonach gegen ihn heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl „wiederholt verletzt“. Nach sieben Jahren in der Botschaft nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm zuvor das Asyl entzogen wurde. Er wird zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt. Die US-Justiz verschärft ihre Anklage gegen Assange: Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis.

2020

In London beginnt die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.

2021

Das zuständige Londoner Gericht entscheidet, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Es bestehe das „beträchtliche“ Risiko, dass sich Assange im Gefängnis das Leben nehmen könnte. Die US-Regierung legt dagegen Berufung ein. Der High Court in London gibt der US-Seite recht und hebt das Auslieferungsverbot auf. Kurz darauf gibt Assanges Partnerin bekannt, dass der Wikileaks-Gründer einen leichten Schlaganfall erlitten habe.

2022

Assange zieht vor den Supreme Court in London – erfolglos. Es folgt ein britischer Auslieferungsbeschluss. Der Australier legt dagegen Berufung ein.

2024

Der britische High Court fordert von den USA Garantien, dass Assange bei einem Verfahren in den USA nicht die Todesstrafe drohe. Im April erklärt US-Präsident Joe Biden, dass sein Land ein australisches Ersuchen prüfe, die Straf­verfolgung von Assange zu beenden. Ende Juni einigt sich Assange mit der US-Justiz auf einen Deal. Im Gegenzug für sein Schuldbekenntnis für die Veröffentlichung von Militärgeheimnissen soll er bald freikommen. Er verlässt Großbritannien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.