Wahlen, Wahlen, Wahlen: Die Achse der Langeweile

Einzug in die Boring Street No. 10, Michelle Obama auf Malle, ein kontroverses Wappentier. Und wie man erfolgreich aus Plastikflaschen trinkt.

Marine Le Pen spricht auf einer Bühne

Marine Le Pen vom Rassemblement National Foto: Christian Hartmann/reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küpperrsbusch: Die 119te Minute.

Und was wird besser in dieser?

Jetzt gute Gastgeber sein.

In der ersten Runde der Neuwahlen in Frankreich wurde das rechtsextreme Rassemblement National (RN) mit Abstand stärkste Kraft. Hat sich Macron „verzockt“ oder hat er die französische Linke vereint?

Macron hat Freund und Feind unterrumpelt. Die Europa- war keine Denkzettelwahl, sondern ernst gemeint. National geht’s genau so weiter. Le Pen macht weniger Angst, weil’s noch etwas rechts von rechtsextrem gibt inzwischen und der RN einen auf nette Mitte-rechts machen kann. Die Linke als künftige Opposition zu vereinen, mag gelingen, nutzt nur nix.

Nach der TV-Debatte zwischen Trump und Biden werden die Rufe nach einem Kandidatenwechsel bei den Demokraten lauter. Wie ausgeschlafen müsste ein:e Er­satz­kan­di­da­t:in sein, um Trump zu schlagen?

„Nur Gott“ könne ihn zum Aufgeben bewegen, sagte Präsident Biden in einem eilends nachgeschobenen CNN-Interview. Wenn Gott so nuschelt wie der etwa gleichalte Biden, ist das ein eher weiches Kriterium. Natürlich wäre es zu begrüßen, wenn „der mächtigste Mensch der Welt“ künftig Gretchen hieße, wie Gouverneurin Whitmer aus Michigan. Oder wenigstens sensationell gut aussähe wie Gavin Newsom aus dann aber auch Kalifornien. Michelle Obama lässt es nach zuverlässigen Informationen des Mallorca Magazin gerade bei Freunden in Llubi krachen, und ich träume: Ihr beständiges „no“ heißt nicht „no“, sondern ausgeschrieben: „Ich bin doch nicht so blöd und trete schon an, solange Trump mich noch niederlügen kann.“

Die Labour Partei gewann die Parlamentswahlen in Großbritannien und löst die Tories nach 14 Jahren an der Macht ab. Was wird sich unter dem potentiellen nächste Premierminister Keir Starmer verändern?

„Nur Gott“ könne Biden zum Aufgeben bewegen. Wenn Gott so nuschelt wie der etwa gleichalte Biden, ist das ein weiches Kriterium

Starmer gilt auch ausweislich seines Wahlkampfes als Langweiler, Boring Street Nr. 10. Er hat schon mit Olaf Scholz telefoniert, sein neuer Außenminister war in Berlin. Gegen den Schaum drumherum wäre eine „Achse der Langeweile“ ein Segen, zumal Frankreich mindestens wackelt und die EU von rechts und von außen destabilisiert wird. Das wird feinteiliger Bastelkram, wenn ein EU-Tanker Deutschland und ein Nicht-EU-Gewicht Großbritannien gemeinsam die Last tragen, irgendwie Europa zu sein. Bastelkram ist was für Langweiler.

Nach großer Kritik am türkischen Nationalspieler Merih Demiral, der beim Torjubel den Gruß der Grauen Wölfe zeigte, wurde erst der deutsche Botschafter in der Türkei vorgeladen, dann der türkische Botschafter in Deutschland. Wer profitiert vom deutsch-türkischen Gerangel?

Der Wolf an sich ist so fascho wie der US-Steinadler oder unser Adler. Schlicht: ein Wappentier. Wäre possierlich, wenn deutsche Nationalisten zum Gruße lustige Flügelbewegungen mit den Armen machten, statt immer nur Hitlergruß. Jedenfalls ist das auch ein innertürkisches Gerangel; man darf „die Türken“ nicht für ihre Extremisten und Erdoğan verhaften. Das nutzt der Eskalation. Die AfD hat sich mit ihrem Genörgel an der „woken“ deutschen Mannschaft komplett verhonkt, und ich möchte für die auch nicht in Haft genommen werden. Für die AfD böte sich zum Beispiel die türkische Mannschaft an, da spielen fünf Deutsche.

Bei den Präsidentschaftswahlen in Iran ist der Ex-Gesundheitsminister Massoud Peseschkian, der als Reformer gilt, in die Stichwahl gekommen. Könnte sein Wahlsieg einen Wandel in Iran anstoßen?

Von 80 Bewerbern hatte der „Wächterrat“ nur sechs zugelassen, und von denen wurde mit einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent halt Peseschkian gewählt. In anderen Worten: „Revolutionsführer“ Chamenei hat einen gesprächsfähigeren Mann wählen lassen von Leuten, die wissen, dass das an der Machtstruktur in Iran nichts ändert.

Seit Mittwoch müssen Einwegflaschen und Milchpackungen laut EU-Richtlinie nicht abnehmbare Deckel haben. Rettet das die Schildkröten?

In Summe paar Liter Milch auf meinem Hemd und, weil der angebundene Deckel beim Zuschrauben gern schräg verkantet, eine Volldusche im Kühlschrank. Seitdem geht’s, man kann den Deckel auch über den Flaschenhals wuchten, dann steht er nach unten und stört beim Trinken nicht. Hätte auch nicht geglaubt, dass ich mal ein Youtube-Tutorial „Aus der Flasche trinken – leicht gemacht“ gucken würde. Trotzdem: PET-Behälter mit eingebauter Öko-Ausrede ist noch bescheuerter als PET.

Und was macht der RWE?

Gestern Klassiker Rot-Weiss gegen Schwarz-Weiss, also Prolls von der Hafenstraße gegen den „Lackschuhklub“ aus dem wohlhabenden Süden. Zweite gegen fünfte Liga. In den 70ern war von Fusion die Rede. Dann wären zwei und fünf heute vielleicht eins. Seufz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.