Tobias Schulze über den Rekord bei Rüstungsexporten
: Ehrlich oder anständig?

Das Spannende ist nicht der neue Rekord. Neuen Zahlen der Bundesregierung zufolge, erfragt von der BSW-Abgeordneten Sevim Dağdelen, steuert Deutschland zwar auf einen Höchststand der Rüstungsexporte zu. Der Anstieg ist aber vor allem auf die Waffenhilfe für die Ukraine zurückzuführen, deren Volumen sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht hat. Beistand für eine Demokratie, die sich gegen einen Überfall wehrt und dabei das Völkerrecht achtet: Daran ist nichts auszusetzen.

Interessant wird es auf den Plätzen hinter der Ukraine und bei den Kunden, die dort dominieren. Es sind Länder außerhalb von EU und Nato wie Saudi-Arabien, Indien oder Katar. Seitdem die Ampel regiert, spielen Exporte an solche Drittstaaten zwar keine so große Rolle mehr wie zuvor. Im ersten Halbjahr ist aber auch ihr Umfang wieder gestiegen. Besonders ins Auge springt der Zweitplatzierte der Export­rangliste: Singapur.

Rüstungsgeschäfte mit dem Stadtstaat unterstützt die Ampelregierung aktiv. Das grüne Wirtschaftsministerium kündigte 2022 in Eckpunkten für ein Rüstungsexportgesetz an, Genehmigungsprozesse „im Falle besonderer Werte- und Sicherheitspartnerschaften“ zu vereinfachen. Das Gesetz gibt es bis heute nicht, für Singapur hat das Ministerium die Vorgaben trotzdem gelockert – obwohl das mit den gemeinsamen Werten so eine Sache ist: Singapur ist autoritär regiert und einigen wichtigen völkerrechtlichen Abkommen nicht beigetreten.

Ein Widerspruch, den die Bundesregierung auf zwei Wegen auflösen könnte. Der ehrliche: Sie bekennt sich dazu, dass es ihr global eben doch mehr um Interessen als um Werte geht; dass sie zum Beispiel in Südostasien auch mit Autokratien zusammenarbeitet, um China zurückzudrängen. Oder der anständige: Sie benennt klare Kriterien für Wertepartner. Staaten wie Singapur würden dann rausfallen. Wenn es um Verbündete im Indopazifik geht, blieben aber immerhin noch Länder wie Südkorea. Auch Exporte dorthin hat die Bundesregierung vereinfacht – und dagegen ist viel weniger einzuwenden.

inland