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orte des wissensWenn der Atem versagt

Das Leibniz-Lungenzentrum am Forschungszentrum Borstel erforscht, wie man chronische Lungenkrankheiten wie Asthma oder COPD möglichst früh erkennen kann. Heilen kann man sie nicht

Es sind krasse Dimensionen: Alle vier Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch infolge einer chronischen Lungen- und Atemwegserkrankung. Susanne Krauss-Etschmann vom schleswig-holsteinischen Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) nennt die Zahlen für COPD (für „chronic obstructive pulmonary disease“, chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Asthma: „Weltweit verzeichnen wir 200 bis 220 Millionen Patienten, die an COPD leiden. Laut Weltgesundheitsorganisation versterben daran zirka drei Millionen pro Jahr – zirka 8.000 Menschen hier bei uns.“ Die Erkrankung tritt meist ab dem 40. Lebensjahr auf. Zudem haben weltweit etwa 300 Millionen Menschen Asthma, das meist im Kindesalter beginnt.

Am FZB verantwortet Krauss-Etschmann den Bereich „Chronische ­Lungenerkrankungen“. Neun Forschergruppen mit rund 60 Mitarbeitenden arbeiten zu COPD und Asthma, ein weiterer Bereich zu bakteriellen Infektionserkrankungen wie Tuberkulose. Mit rund 500 Mitarbeitern ist das FZB – als eines von bundesweit 28 führenden deutschen Lungenforschungsstätten – der größte Arbeitgeber in Borstel (Kreis Segeberg). Als Teil der Leibniz-Gemeinschaft ist es eine von 96 eigenständigen Forschungseinrichtungen.

Luft ist für unseren Körper alles, so Krauss-Etschmann: „Die Lunge ist unser Organ für den Gasaustausch, dass heißt, Kohlendioxid wird abtransportiert und Sauerstoff dem Körper zugeführt. Über die Lungenbläschen geschieht dann die Übertragung des Sauerstoffs in den Körper.“ Sie forscht zu den frühkindlichen Ursachen von COPD: „Was macht die Lungenfunktion von früh an so schlecht, dass die Betroffenen später ein erhöhtes COPD-Risiko haben?“ Bei COPD wird das Lungengewebe allmählich zerstört, bei Asthma hingegen sind die Atemwege entzündet, schwellen an und verschleimen: „Die Herausforderung besteht darin, die Ursachen dieser Erkrankungen zu erkennen – und möglichst früh zu diagnostizieren.“

Ursächlich für COPD und Asthma ist zweifelsfrei das Rauchen. Was aber bewirken E-Zigaretten? Der Einfluss des mütterlichen Konsums von E-Zigaretten auf die Nachkommen wird in Borstel an Fruchtfliegen (Drosophila) untersucht: „Die Fruchtfliege hat keine Lungenbläschen, aber ein gut definiertes Atemwegesystem – wir brauchen mütterliche und väterliche Fliegen. Resultate ergeben sich durch die rasche Vermehrung der Fliegen bereits nach zirka drei Monaten“, sagt die Lungenforscherin.

Folgenreich ist das Rauchen von Männern, insbesondere während der eigenen Pubertät – es kann bei deren Kindern nicht allergisches Asthma auslösen. Denn es kommt zu übertragbaren, epigenetischen Veränderungen in den Samenzellen, die in der Pubertät entstehen. Frühes Rauchen kann also fatale Auswirkungen auf die Genfunktion und damit auf das Erbgut haben. Diese Hypothese überprüft Krauss-Etschmann aktuell in Mäuse-Experimenten, die mit drei Jahren Laufzeit aufwendiger sind als das COPD-Projekt.

„Im Atemholen sind zweierlei Gnaden: / Die Luft einziehn, sich ihrer entladen; / Jenes bedrängt, dieses erfrischt; / So wunderbar ist das Leben gemischt.“ Goethes Verse besingen, wie befreiend das Atmen sein kann. Wie bedrängend es hingegen für Lungenkranke ist, weiß Krauss-Etschmann. „Wir können Asthma nicht heilen. Wir können COPD nicht heilen. E-Zigaretten-Werbung mit ihrem modischen Design und Geschmacksstoffen wie ‚Eisbonbon‘ oder ‚Cappuccino‘ spricht gerade junge Menschen an. Da sie vielfach Nikotin enthalten, haben sie Suchtpotenzial – wir machen uns da große Sorgen!“ Frauke Hamann

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