Geld alle für Eingliederungsmaßnahmen: Bremer Jobcenter arbeitslos

Das Jahr ist zur Hälfte vorbei und das Bremer Jobcenter hat kein Geld mehr für Eingliederungsmaßnahmen. Damit fällt ein Teil von dessen Arbeit flach.

Eine Frau bei der Führerscheinausbildung

Sprengt das Budget des Bremer Jobcenters: Führerscheinausbildung Foto: dpa/Carmen Jaspersen

HAMBURG taz | Dem Jobcenter Bremen ist das Geld für die aktive Unterstützung Arbeitsloser ausgegangen. Wie das Jobcenter mitteilte, ist sein Jahresbudget für Eingliederungsmaßnahmen – Stand Ende Juni – aufgebraucht. Daraus folge, „dass die Unterstützung von Arbeitssuchenden durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im zweiten Halbjahr nur noch sehr eingeschränkt möglich sein wird“.

Aus seinem Eingliederungsbudget finanziere das Jobcenter eine Vielzahl von unterstützenden Maßnahmen für Bürgergeld-Bezieher, sagt Tobias Helfst vom Bremer Erwerbslosenverband. Dazu gehörten Coachings und Fortbildungen, aber auch Dinge, die Voraussetzung dafür sind, dass bestimmte Jobs überhaupt angenommen werden können, wie etwa der Erwerb eines Führerscheins. „Zusammen bildet es das Herzstück des veränderten Umgangs des Jobcenters mit der umgangssprachlich als 'Hartz 4’ bekannten Leistung, hin zum fördernden Bürgergeld“, sagt Helfst.

Dass das Budget schrumpfen würde, war seit den Haushaltsverhandlungen im Bund im Sommer vergangenen Jahres bekannt. 500 bis 700 Millionen Euro sollten bei der Arbeitsmarktförderung für Langzeitarbeitslose bundesweit gespart werden.

Das Bremer Jobcenter stellt denn auch klar, dass die aktuelle Situation nichts mit dem geringeren Budget zu tun habe. Vielmehr sei „in diesem Jahr der Einsatz des Eingliederungsbudgets – anders als in den vergangenen Jahren – nicht gleichmäßig über das Jahr hinweg gelungen.“

Kosten „unvorhersehbar und deutlich erhöht“

Das liege daran, dass das Jobcenter im ersten Halbjahr sehr erfolgreich gearbeitet habe. „Es wurden zehn Prozent mehr Arbeitssuchende als geplant auf dem Weg in den Arbeitsmarkt unterstützt.“ Dabei hätten sich die Kosten vieler Hilfen im Vergleich zum Vorjahr „unvorhersehbar und deutlich erhöht“. Darüber hinaus sei der Unterstützungsbedarf von Arbeitssuchenden gestiegen. Ihnen seien Maßnahmen mit einer längeren Laufzeit bewilligt worden.

Das Jobcenter habe das Eingliederungsbudget zu Lasten des Verwaltungsbudgets von 63 auf 66 Millionen Euro erhöht. Knapp 34 Millionen davon seien bereits ausgegeben, weitere 32 Millionen Euro für Maßnahmen in der zweiten Jahreshälfte verplant. Davon profitierten viele Arbeitssuchende auch in der zweiten Jahreshälfte.

Intern „schon länger bekannt“

Keinen Handlungsspielraum mehr habe das Jobcenter in der Tat bei flexiblen Angeboten wie Gutscheinen für Coachings und Qualifizierungen. Erhalten blieben jedoch Maßnahmen bei Trägern, Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs), in der außerbetrieblichen Berufsausbildung, der assistierten Ausbildung, der Weiterbildung in Grundkompetenzen sowie der Beratung und Vermittlung von Selbstständigen.

Dass das Eingliederungsbudget mitten im Jahr erschöpft sein würde, sei intern „schon länger bekannt“ gewesen, sagt Herbst. Die Geschäftsführung des Jobcenters Bremen habe das aber auf Nachfrage einzelner Geschäftsstellenleitungen mehrfach bestritten. Deshalb hätten sich die Jobcenter auch nicht darauf vorbereitet.

Das das Budget knapp würde, habe der Erwerbslosenverband daran gemerkt, dass die Jobcenter nur mehr widerstrebend bereit gewesen seien, Führerscheinausbildungen zu bezahlen. „Seit Monaten führen wir Prozesse, weil das Jobcenter Führerscheine verweigert“, sagt Helfst.

Für die Mitarbeiter des Jobcenters sei die Situation frustrierend, weil ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit wegfalle. „Ich habe mit Menschen gesprochen, die sagen: Wir können mit den Leuten nur noch Angebote googeln“, sagt Helfst. Viele Mitarbeiter seien sauer, weil sie gerne helfen wollten, das jetzt aber nicht mehr könnten.

Schlag ins Gesicht für Beschäftigte

Helfst befürchtet, dass die Panne dramatische Folgen haben könnte, schließlich gehöre Bremen zu den Städten mit der höchsten Armuts- und Erwerbslosenquote. „Die Streuwirkung wird enorm sein“, prognostiziert er, denn durch die Ebbe im Etat drohten auch die Anbieter der Coachings und Qualifizierungen auf dem Trockenen zu sitzen.

„Es ist ein Schlag ins Gesicht für unsere Beschäftigten und die refinanzierten Tarifverträge, die wir in dem Bereich haben,“ sagt Markus Westermann, Bezirksgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Die Gewerkschaft hatte per Tarifvertrag erreicht, dass das Land Bremen den niedrigen Bundes-Mindestlohn für die Beschäftigten der Träger auf Bremer Niveau angehaben hat.

Das Jobcenter versichert, es habe bereits im März und April mit einzelnen Trägern wegen der langen Laufzeiten und hohen Kosten gesprochen. Es versuche in persönlichen Gesprächen mit den Bildungs- und Beschäftigungsträgern Lösungen zu finden. Aber der finanzielle Handlungsspielraum sei leider sehr eingeschränkt.

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